Im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 5A_446/2024 vom 21. November 2024 setzte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinander, ob die Bezeichnung “Unverteilte Erbschaft des E.A. sel.” bzw. “Erbengemeinschaft des E.A. sel.” den Anforderungen von Art. 49 SchKG genügte. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Bezeichnungen nicht zu beanstanden sind, da sie mögliche Zweifel an der Absicht der Gläubigerin, die Erbschaft direkt nach Art. 49 SchKG betreiben zu wollen, von vornherein ausschliessen.
Dem Entscheid lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die D Bank AG leitete mit Betreibungsbegehren vom 16. August 2022 gegen die “Unverteilte Erbschaft des E.A. sel.” bzw. handschriftlich abgeändert “Erbengemeinschaft des E.A. sel.” eine Betreibung auf Verwertung eines Grundpfandes ein.
Als Grundpfand wurde ein zur unverteilten Erbschaft des E.A. gehörendes Grundstück bezeichnet. Sodann wurden im Betreibungsbegehren unter der Rubrik “Erben” die zwei Söhne des Erblassers genannt. Das Betreibungsamt Region Solothurn stellte den gegen die “Erbengemeinschaft des E.A.” ausgestellten Zahlungsbefehl im September 2022 dem Miterben B.A. zu, der vom Betreibungsamt in der Folge als Vertreter der Erbschaft behandelt wurde. Dem Miterben A.A, der an keiner Adresse offiziell gemeldet war, wurde der Zahlungsbefehl mit dem Vermerk “Zahlungsbefehl an Dritteigentümer” im Februar 2023 durch öffentliche Bekanntmachung ebenfalls zugestellt. Am 1. März 2024 führte das Betreibungsamt Region Solothurn die Versteigerung durch.
Mit Eingabe vom 11. März 2024 liess der Miterbe A.A. bei der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn gegen den Zuschlag betreffend das Grundstück an die C AG anlässlich der Steigerung vom 1. März 2024 Beschwerde erheben. Mit Urteil vom 25. Juni 2024 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat.
Dagegen erhob A.A. mit Eingabe vom 8. Juli 2024 Beschwerde beim Bundesgericht und stellte u.a. ein Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Mit Verfügung vom 18. Juli 2024 stellte das Bundesgericht u.a. fest, dass der Beschwerde von Gesetzes wegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 VZG aufschiebende Wirkung zukommt. Mit Urteil vom 21. November 2024 wies das Bundesgericht die Beschwerde ab.
Betreibung gegen die unverteilte Erbschaft im Allgemeinen
Zunächst fasste das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu Art. 49 SchKG zusammen: Gemäss Art. 49 SchKG kann eine Erbschaft, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte. Trotz fehlender Rechtspersönlichkeit hat die unverteilte Erbschaft kraft Art. 49 SchKG Parteifähigkeit in einer gegen sie gerichteten Betreibung und ist daher passiv betreibungsfähig (E. 2.1).
Bezeichnung des Betriebenen in der Betreibungsurkunde bei einer Betreibung nach Art. 49 SchKG
Das Bundesgericht erwog zudem, dass der Gläubiger im Betreibungsbegehren genau erklären muss, gegen wen er die Betreibung richtet, ob gegen die Erbschaft als solche oder gegen jeden (oder einzelne) Erben persönlich (E. 2.4.2 und E. 2.4.3):
“Im Betreibungsbegehren, das sich gegen die Erbschaft im Sinn von Art. 49 SchKG richtet, hat der Gläubiger nebst dieser (als Schuldnerin) den Vertreter der Erbschaft oder, falls ein solcher nicht bekannt ist, den Erben zu nennen, dem die Betreibungsurkunden zugestellt werden sollen (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG i.V.m. Art. 65 Abs. 3 SchKG; Kreisschreiben des Bundesgerichts Nr. 16 vom 3. April 1925, …). Sollen die Erben hingegen persönlich betrieben werden, sind diese einzeln mit ihrem Namen zu bezeichnen, damit jedem von ihnen ein besonderer Zahlungsbefehl zugestellt werden kann (zit. Kreisschreiben des Bundesgerichts Nr. 16 vom 3. April 1925; Art. 70 Abs. 2 SchKG; …).
(…)
Möchte der Gläubiger nach Art. 49 SchKG vorgehen, sollte er die Betreibung am besten gegen die “Erbschaft”, die “Erbmasse”, den “Nachlass”, die “Hinterlassenschaft” bzw. mit sonst einer deutlichen Bezeichnung verlangen, die keinen Zweifel darüber lässt, dass nicht die einzelnen Erben persönlich betrieben werden sollen (…). Richtet der Erbschaftsgläubiger sein Betreibungsbegehren stattdessen nur gegen “die Erben des X”, so ist diese Bezeichnung ungenügend. Es kann damit die Erbschaft, es können aber auch die Erben persönlich gemeint sein (…). Solche Begehren sind daher vom Betreibungsamt zurückzuweisen und es ist eine genaue Erklärung darüber zu verlangen, ob die Erbschaft als solche oder nur einzelne Erben betrieben werden sollen (zit. Kreisschreiben des Bundesgerichts Nr. 16 vom 3. April 1925).”
Zustellung der Betreibungsurkunden bei einer Betreibung nach Art. 49 SchKG
Sodann rief das Bundesgericht in Erinnerung, dass die Zustellung der Betreibungsurkunden im Fall einer Betreibung gegen die unverteilte Erbschaft an den für die Erbschaft bestellten Vertreter oder, wenn ein solcher nicht bekannt ist, an einen der Erben erfolgt (Art. 65 Abs. 3 SchKG). Erfolgt die Zustellung an den Erbschaftsvertreter oder einen Erben, so ist der Zahlungsbefehl auch dann gültig, wenn der Zustellungsempfänger die Erben bzw. die Miterben von der Betreibung nicht benachrichtigt hat (E. 2.2). Der Erbschaftsvertreter oder der Erbe kann sich deswegen nicht gegen die Betreibung beschweren. Das Bundesgericht erinnerte jedoch daran, dass wer einen Zahlungsbefehl einem Miterben zustellen lässt, von dem er weiss, dass er den Rechtsvorschlag unterlassen werde, während er den Miterben, von dem er mit Sicherheit einen Rechtsvorschlag zu gewärtigen hat, übergeht, rechtsmissbräuchlich handelt (E. 2.2).
Betreibungsart bei einer Betreibung nach Art. 49 SchKG
Die Betreibung gegen die unverteilte Erbschaft erfolgt in gleicher Weise, wie wenn der Erblasser noch leben würde. Zulässig ist es damit auch, die Erbschaft auf Pfandverwertung zu betreiben.
Bei durch Grundpfand gesicherten Forderungen ist allerdings zu beachten, dass die Betreibung auf Pfandverwertung zwingend dort stattfindet, wo das verpfändete Grundstück liegt (Art. 51 Abs. 2 SchKG). Führte eine gegen die Erbschaft angehobene Betreibung auf Pfandverwertung zu einem Pfandausfallschein, ist der betreibende Gläubiger gestützt auf dieses gegen die unverteilte Erbschaft auszustellende Dokument berechtigt, binnen Monatsfrist seit Zustellung ohne neues Einleitungsverfahren erneut gegen die unverteilte Erbschaft vorzugehen (Art. 158 Abs. 2 SchKG) (E. 2.3).
Im konkreten Fall
Im konkreten Fall machte der Beschwerdeführer A.A. geltend, es gehe aus den Angaben im Betreibungsbegehren und Zahlungsbefehl nicht klar hervor, ob sich die Betreibung gegen die Erbschaft als solche oder gegen ihn und B.A. als Solidarschuldner richte. Die Bezeichnung unter der Rubrik “Schuldner” (“Unverteilte Erbschaft des E.A. sel.”) deute zwar prima vista auf eine Betreibung der Erbschaft hin. Das Betreibungsbegehren enthalte aber die zusätzliche Rubrik “Erben”, in welcher er und B.A. namentlich genannt worden seien. Ausserdem fehle die notwendige Angabe, an welchen Erben die Zustellung zu erfolgen habe. Ohne die Bekanntgabe des Erben, an welchen die Zustellung des Zahlungsbefehls zu erfolgen hat, sei und bleibe das Betreibungsbegehren unvollständig (E. 2.4.1).
Das Bundesgericht erwog, dass die Bezeichnungen “Unverteilte Erbschaft des E.A.________ sel.” und “Erbengemeinschaft des E.A.________ sel.” nicht zu beanstanden sind, da sie mögliche Zweifel an der Absicht der Gläubigerin, die Erbschaft direkt nach Art. 49 SchKG betreiben zu wollen, von vornherein ausschliessen (E. 2.4.4):
“Die Bezeichnung “Unverteilte Erbschaft des E.A. sel.” ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden, da sie mögliche Zweifel an der Absicht der Gläubigerin, die Erbschaft direkt nach Art. 49 SchKG betreiben zu wollen, von vornherein ausschliesst. Vom Beschwerdeführer nicht erwähnt wird der im angefochtenen Entscheid festgestellte Umstand, dass die Bezeichnung “Unverteilte Erbschaft des E.A. sel.” im Betreibungsbegehren handschriftlich in “Erbengemeinschaft des E.A. sel.” abgeändert wurde. Dass er unter dieser auch im Zahlungsbefehl aufgeführten Bezeichnung etwas anderes als eine Betreibung der “Erbschaft” gemäss Art. 49 SchKG verstanden hätte, wird vom Beschwerdeführer folglich nicht behauptet. Von wem die handschriftliche Korrektur (“Erbengemeinschaft” statt “unverteilte Erbschaft”) stammt und wann diese vorgenommen wurde, ist aus dem Betreibungsbegehren nicht ersichtlich. Ohnehin ist die Schuldnerbezeichnung “Erbengemeinschaft des E.A. sel.” auch objektiv betrachtet in dem Sinne zu interpretieren, dass die Erbschaft Betreibungssubjekt ist. Die Erbengemeinschaft ist gemäss Art. 602 Abs. 1 ZGB die bei Vorhandensein mehrerer Erben von Gesetzes wegen infolge des Erbganges entstehende “Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft”. Wird im Betreibungsbegehren diese Gemeinschaft als Schuldnerin bezeichnet, darf grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die betreibende Partei gemäss Art. 49 SchKG vorgehen will, d.h. den Wunsch hat, die Erbschaft als solche und nicht jeden einzelnen Erben für sich zu betreiben (…). In der Lehre wird im Kontext von Art. 49 SchKG die Erbengemeinschaft mit der “Erbschaft” denn auch häufig gleichgesetzt (…) und auch in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wird nicht immer zwischen den Begriffen “unverteilte Erbschaft” (“succession non partagée”) und “Erbengemeinschaft” (“communauté héréditaire”) unterschieden (…).”
Das Bundesgericht erwog ferner, dass der Schluss der Vorinstanz, der die Erbengemeinschaft als Schuldnerin bezeichnende Zahlungsbefehl leide an keinem Nichtigkeitsmangel, nicht zu beanstanden ist. Eine Nichtigkeit lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der Beschwerdeführer im beanstandeten Zahlungsbefehl als “Dritteigentümer” des Pfandes bezeichnet wurde, obschon es verfehlt ist, Erben, die das Eigentum am Pfandgegenstand erst mit dem Tod des Erblassers kraft Universalsukzession erworben haben, in einer gegen die unverteilte Erbschaft gerichteten Betreibung auf Pfandverwertung als Dritteigentümer zu betrachten. Im vorliegenden Fall wäre es nicht notwendig gewesen, den Zahlungsbefehl zusätzlich auch dem Beschwerdeführer zuzustellen (E. 2.4.5).
Da die Gläubigerin es unterlassen hatte, im Betreibungsbegehren den Erben zu bezeichnen, dem der Zahlungsbefehl zuzustellen war, erwog das Bundesgericht, dass “das Betreibungsamt dem genannten Kreisschreiben in diesem Punkt nicht hinreichend nachgelebt hat” (E. 2.4.6). Das Bundesgericht kam aber zum Schluss, dass unter den Umständen des konkreten Falls es nicht zu beanstanden ist, dass das Betreibungsamt nicht den Beschwerdeführer, sondern dessen Bruder und einzigen Miterben B.A. als Vertreter der Erbschaft für die weiteren Massnahmen betrachtet hat. Entsprechend konnten in der Betreibung auch die dem Zahlungsbefehl folgenden weiteren Verfügungen und Mitteilungen jeweils rechtswirksam an B.A. zugestellt werden (E. 2.4.7).