4A_5/2025: Kein einseitiges Kündigungsrecht eines Konkurrenzverbotes mit Karenzentschädigung ohne entsprechende Abrede (amtl. Publ.)

Im zur Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil 4A_5/2025 vom 26. Juni 2025 befasste sich das Bun­des­gericht mit der Frage der Gültigkeit eines Konkur­ren­zver­bots und dem Anspruch des Arbeit­nehmers auf die damit ver­bun­dene Karen­zentschädi­gung. Das Bun­des­gericht lehnte dabei eine Änderung der bish­eri­gen Prax­is ab, wonach ein Arbeit­ge­ber ohne ander­weit­ige Abrede nicht ein­seit­ig auf das Konkur­ren­zver­bot mit der ver­bun­de­nen Pflicht zur Zahlung ein­er Karen­zentschädi­gung verzicht­en kann.

Dem Entscheid lag fol­gen­der Sachver­halt zu Grunde:
Der Arbeit­nehmer (Beschw­erdegeg­n­er) war von Mai 2006 bis Ende Dezem­ber 2021 bei der Arbeit­ge­berin (Beschw­erde­führerin) angestellt. Im Rah­men sein­er Ernen­nung zum Coun­try Man­ag­er 2008 wurde der ursprüngliche Arbeitsver­trag erset­zt und ein Konkur­ren­zver­bot samt Karen­zentschädi­gung vere­in­bart. Die Kündi­gung erfol­gte durch den Beschw­erdegeg­n­er und er wurde in der Folge ab Juli 2021 freigestellt. Anfangs Sep­tem­ber 2021 unter­bre­it­ete die Beschw­erde­führerin ihm eine Aufhe­bungsvere­in­barung, welche der Beschw­erdegeg­n­er jedoch nicht unterze­ich­nete. Ende Sep­tem­ber 2021 teilte die Beschw­erde­führerin mit, sie kündi­ge das Konkur­ren­zver­bot samt Karenzentschädigung.

Gegen­stand des darauf­fol­gen­den Rechtsstre­its war die Gültigkeit des Konkur­ren­zver­bots und der Anspruch des Beschw­erde­führers auf die Karen­zentschädi­gung. Während das erstin­stan­zliche Gericht die Klage auf Bezahlung der Karen­zentschädi­gung abwies, da es das Konkur­ren­zver­bot man­gels hin­re­ichen­der räum­lich­er Begren­zung für ungültig hielt, hiess das Oberg­ericht des Kan­tons Zürich die dage­gen erhobene Beschw­erde teil­weise gut.

In seinen Erwä­gun­gen hielt das Bun­des­gericht fest, dass sich der Beschw­erdegeg­n­er gemäss Ziff. 13.1 des Arbeitsver­trags vom 6. Feb­ru­ar 2008 verpflichtet habe, “während des Zeitraumes von zwei Jahren keine unmit­tel­bare oder mit­tel­bare Tätigkeit für ein Unternehmen anzunehmen, das mit dem Arbeit­ge­ber im Wet­tbe­werb ste­ht”. Ausser­dem verpflichtete er sich, “während des genan­nten Zeitraumes kein eigenes Unternehmen gle­ich­er Art zu eröff­nen oder eine Beteili­gung zu übernehmen und im Geschäfts­bere­ich des Arbeit­ge­bers keine Geschäfte für fremde Unternehmen zu täti­gen”. Weit­er sei vere­in­bart wor­den, dass der Beschw­erdegeg­n­er “für die Dauer des Konkur­ren­zver­botes” eine Karen­zentschädi­gung erhalte (E. 2.1).

Die geset­zlichen Vor­gaben an ein Konkur­ren­zver­bot (siehe E .2.3.1 als Ganzes) set­zen mithin für dessen Verbindlichkeit voraus, dass der Arbeit­nehmer Ein­blick in den Kun­denkreis oder in Fab­rika­tions- und Geschäfts­ge­heimisse erhält und die Ver­wen­dung dieser Ken­nt­nisse den Arbeit­ge­ber erhe­blich schädi­gen kön­nte (Art. 340 OR).

Das Bun­des­gericht erwog, dass zunächst die Gültigkeit des Konkur­ren­zver­bots zu prüfen sei, andern­falls stelle sich gar nicht die Frage der Über­mäs­sigkeit und der Ein­schränkung durch das Gericht nach Art. 340a Abs. 2 OR (E. 2.3.2.). Unter Ver­weis auf die bish­erige Recht­sprechung zur Gültigkeit des Konkur­ren­zver­bots erwog das Bun­des­gericht weit­er, dass der Umfang des­sel­ben in zeitlich­er, räum­lich­er sowie sach­lich­er Hin­sicht erst definiert sein müsse, bevor es auf Über­mäs­sigkeit beurteilt – und ggf. reduziert – wer­den könne (E. 2.3.2 f.). Dies lasse sich nur unter gesamthafter Betra­ch­tung seines Umfangs nach Gegen­stand, Ort und Zeit beurteilen, ein­schliesslich der Frage, ob die Arbeit­ge­berin dem Arbeit­nehmer eine Karen­zentschädi­gung entrichte. Entschei­dend sei, ob das Konkur­ren­zver­bot das wirtschaftliche Fortkom­men des Arbeit­ge­bers in ein­er Weise erschwere, die sich durch die Inter­essen der Arbeit­ge­berin nicht recht­fer­ti­gen lasse. Weit­er hielt das Bun­des­gericht unter Ver­weis auf die bish­erige Recht­sprechung fest, dass ein Ver­bot «jed­er konkur­ren­zieren­der Tätigkeit» betr­e­f­fend den Gegen­stand genü­gend bes­timmt bzw. anhand der all­ge­meinen Ausle­gungsmeth­o­d­en hin­re­ichend bes­timm­bar sei (E. 2.3.3).

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschw­erde­führerin, so das Bun­des­gericht, sei es nicht unhalt­bar, dass die Vorin­stanz zum Schluss gelange, das Konkur­ren­zver­bot sei vor­liegend auf die Schweiz beschränkt. Die Vorin­stanz habe zu Recht darauf abgestellt, dass die Beschw­erde­führerin die schweiz­erische Län­derge­sellschaft des Konz­erns sei (E. 2.5). Die Dar­legun­gen der Vorin­stanz seien ein­leuch­t­end, wonach keine Anhalt­spunk­te behauptet wor­den seien, die darauf schliessen liessen, dass der Beschw­erdegeg­n­er auch für eine andere Konz­ernge­sellschaft tätig gewe­sen sei und Ein­blick in diese erhal­ten habe, woraus sich fol­glich eine Beschränkung des Konkur­ren­zver­botes auf die Schweiz ableit­en lasse (E. 2.4). Die Beschw­erde­führerin habe nicht hin­re­ichend dargelegt, weshalb das Konkur­ren­zver­bot ein grösseres oder kleineres Gebi­et als die Schweiz umfassen solle und die dahinge­hen­den Fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz zum räum­lichen Gel­tungs­bere­ich seien somit auch nicht willkür­lich oder bun­desrechtsver­let­zend (E. 2.5).

Dem­nach, so das Bun­des­gericht, sei die Vorin­stanz zu Recht zum Schluss gelangt, dass das Konkur­ren­zver­bot nach Ort, Zeit und Gegen­stand angemessen begren­zt und somit gültig sei (E. 2.6).

Weit­er stellte sich die Frage, ob die Beschw­erde­führerin über ein ein­seit­iges Kündi­gungsrechts des Konkur­ren­zver­botes mit Dahin­fall­en der Karen­zentschädi­gung ver­fügte, das sie mit Mit­teilung vom 28. Sep­tem­ber 2021 aus­geübt haben will, welch­es sich allerd­ings gemäss der Vorin­stanz wed­er aus dem rel­e­van­ten Ver­trag noch aus dem Gesetz ergebe (E. 4.1).

Unter Ver­weis auf die bish­erige Recht­sprechung des Bun­des­gerichts und in aus­führlich­er Auseinan­der­set­zung mit der Kri­tik der Lehre (E. 4.3, siehe auch E. 4.4.) hielt das Bun­des­gericht an sein­er beste­hen­den Recht­sprechung in seinen Erwä­gun­gen fest und bestätigte, dass das ent­geltliche Konkur­ren­zver­bot ein zwei­seit­iger Ver­trag sei, in dem die Karen­zentschädi­gung als Gegen­leis­tung für den Wet­tbe­werb­sverzicht des Arbeit­nehmers erscheine. Ein ein­seit­iger Verzicht der Arbeit­ge­berin mit Weg­fall der Karen­zentschädi­gung sei nur dann möglich, wenn dies so vere­in­bart wor­den sei – andern­falls sei ein ein­seit­iges Kündi­gungsrecht des Arbeit­ge­bers aus­geschlossen (E. 4.2 ff.). Das Bun­des­gericht sieht die Anforderun­gen an eine Prax­isän­derung indessen als nicht erfüllt und verzichtete dem­nach aus­drück­lich darauf (E. 4.4.5).

Dem­nach sei die Schlussfol­gerung der Vorin­stanz nicht zu bean­standen, wonach die Beschw­erde­führerin das ver­traglich vere­in­barte Konkur­ren­zver­bot nicht ein­seit­ig habe kündi­gen kön­nen und ihre Mit­teilung an den Arbeit­nehmer ebendieses samt Karen­zentschädi­gung nicht habe dahin­fall­en lassen (E. 4.6).

In Bezug auf die von der Beschw­erde­führerin gel­tend gemachte Anrech­nung von Ersatzeinkün­ften auf die Karen­zentschädi­gung (E. 5) wie ins­beson­dere die Leis­tun­gen der Arbeit­slosen­ver­sicherung erwog das Bun­des­gericht, dass die Karen­zentschädi­gung keinen Schaden­er­satz darstelle, son­dern die Konkur­ren­zen­thal­tung abgelte (E. 5.3). Daher sei sie unab­hängig davon geschuldet, ob der ehe­ma­lige Arbeit­nehmer während der Dauer des Konkur­ren­zver­botes etwas ver­di­ene, sich um eine Stelle bemühe, ihn das Konkur­ren­zver­bot tat­säch­lich ein­schränke oder er gar den Beruf wech­sle. Wed­er was er schuld­haft zu ver­di­enen unter­lasse noch Arbeit­slosen­gelder seien anzurech­nen. Vielmehr sei die Karen­zentschädi­gung Gegen­leis­tung für die abstrak­te Beein­träch­ti­gung durch das Konkur­ren­zver­bot hin­sichtlich der Chan­cen des Arbeit­nehmers auf dem Arbeits­markt und dem­nach unab­hängig vom Nach­weis ein­er konkreten Beein­träch­ti­gung. Anderes würde die ver­tragliche Aus­gestal­tung als Zusicherung eines Min­destver­di­en­stes im Sinne ein­er Lohn­garantie erfordern. (E. 5.3.2).

Da die Parteien vor­liegend keine Anrech­nung von Ersatzeinkün­ften an die Karen­zentschädi­gung vere­in­bart hät­ten, sei die a pri­ori Ablehnung der Anrech­nung durch die Vorin­stanz nicht zu bean­standen, so das Bun­des­gericht (E. 5.4).

Infolgedessen wies das Bun­des­gericht die Beschw­erde ab, soweit es darauf ein­trat (E. 6).