6B_451/2009: Widerhandlung gegen URG und UWG; antizipierte Beweiswürdigung

X. wurde vorge­wor­fen, in min­destens 11 Fällen nicht gültig lizen­zierte Kopi­en eines Pro­gramms auf neu verkauften Com­put­ern instal­liert zu haben; er wurde der gewerb­smäs­si­gen Wider­hand­lung gegen das Urhe­ber­rechts­ge­setz und der mehrfachen Wider­hand­lung gegen das Bun­des­ge­setz gegen den unlauteren Wet­tbe­werb schuldig gesprochen. Er erhob dage­gen Beschw­erde und rügte eine willkür­liche antizip­ierte Beweiswürdi­gung durch die Vorin­stanz, weil sie die Ein­ver­nahme jen­er Kun­den abgelehnt habe, welche unter­schriftlich die Instal­la­tion legaler Soft­ware bestätigt hätten. 

Das Bun­des­gericht gab ihm mit Urteil vom 23. Okto­ber 2009 (6B_451/2009) recht:

3.4.2 […] Die Vorin­stanz hat erwogen, die Aus­sagen der besagten Kun­den wür­den den Beschw­erde­führer nicht zu ent­las­ten ver­mö­gen. Diese antizip­ierte Beweiswürdi­gung ist willkür­lich. Wesentlich ist, dass die Vorin­stanz im Ver­gle­ich zur ersten Instanz die Anzahl der dem Beschw­erde­führer vorge­wor­fe­nen nicht gültig lizen­zierten Soft­warekopi­en reduziert und ins­beson­dere bes­timmten Kun­den zuge­ord­net hat. […] Aus den vorin­stan­zlichen Akten gehen 15 Kun­den her­vor […]. Nicht ein­deutig ist, betr­e­f­fend welchen 11 (von 15) Kun­den die Vorin­stanz dem Beschw­erde­führer zur Last legt, das Pro­gramm Microsoft Office 2003 ohne gültige Lizenz kopiert zu haben. […] Soweit der Beschw­erde­führer rügt, die Vorin­stanz habe willkür­lich die Ein­ver­nahme jen­er Per­so­n­en abgelehnt, die eine schriftliche Bestä­ti­gung unterze­ich­net hät­ten, ist seine Rüge zutr­e­f­fend, insofern es sich dabei gle­ichzeit­ig um Kun­den han­delt, die laut dem ange­focht­e­nen Entscheid eine nicht lizen­zierte Kopie erhal­ten haben. Selb­st wenn diese Kun­den über keine speziellen Fachken­nt­nisse ver­fü­gen wür­den, erscheint ihre Befra­gung nicht von vorn­here­in untauglich respek­tive uner­he­blich. Ins­beson­dere ist nicht auszuschliessen, dass sie Angaben zu allen­falls wesentlichen Verkauf­sum­stän­den (wie z.B. Aushändi­gung der CD in Orig­i­nalver­pack­ung, Benutzer­hand­büch­er, Echtheit­sz­er­ti­fikate) machen kön­nen. Indem die Vorin­stanz ihre Befra­gung abgelehnt hat, ist sie zumin­d­est impliz­it davon aus­ge­gan­gen, dass ihre Aus­sagen irrel­e­vant sind. Dadurch hat sie das rechtliche Gehör des Beschw­erde­führers (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie das Recht auf Ein­ver­nahme von Ent­las­tungszeu­gen (Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK) ver­let­zt. Die Beschw­erde ist in diesem Punkt begrün­det und gutzuheis­sen. Die Vorin­stanz wird die Ein­ver­nahme der 11 Kun­den, bezüglich deren sie dem Beschw­erde­führer ein straf­bares Ver­hal­ten vor­wirft, aus diesen Grün­den nachzu­holen haben.