5A_876/2010: Ausgleichszahlung und Klage auf Vollzug eines Erbteilungsvertrags; Zuständigkeit (amtl. Publ.)

Bish­er wurde von der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung nie gek­lärt, ob die Klage auf Leis­tung aus einem Erbteilungsver­trag im All­ge­meinen bzw. ob die Ein­kla­gung ein­er in einem Erbteilungsver­trag vere­in­barten Aus­gle­ich­szahlung (Soulte) im Beson­deren eine erbrechtliche Angele­gen­heit darstellt. In dem für die amtliche Samm­lung vorge­se­henen Urteil (5A_876/2010) vom 3. Juni 2011 war diese Rechts­frage zu entschei­den: Es beste­ht ein „enger erbrechtlich­er Bezug“ bei Stre­it­igkeit­en über eine Soulte. In diesem Fall war die Frage rel­e­vant für die örtliche und inter­na­tionale Zuständigkeit der Vorinstanz.

4.3 Eine Klage ist erbrechtlich­er Natur, wenn sich die Parteien auf einen erbrechtlichen Titel berufen, um einen Teil ihrer Erb­schaft zu fordern und die Exis­tenz ihrer Rechte fest­stellen zu lassen. Erbrechtliche Stre­it­igkeit­en betr­e­f­fen dem­nach Kla­gen, mit denen Bestand oder Höhe erbrechtlich­er Ansprüche gel­tend gemacht oder bestrit­ten wer­den (BGE 132 III 677 E. 3.3 S. 679 f.; 119 II 77 E. 3a S. 81 […]).

Zu ein­er Soulte als Stre­it­ge­gen­stand heisst es in dem Entscheid:

4.3 […] Eine solche Aus­gle­ich­sleis­tung ist eng verknüpft mit der Bil­dung und Zuteilung der Lose als Teil der Erbteilung. Sind sich die Erben einig, so sind sie frei, einen solchen Aus­gle­ich bei der Erbteilung zu vere­in­baren. Aber auch das Gesetz sieht in Art. 608 Abs. 2 ZGB einen entsprechen­den Aus­gle­ich aus­drück­lich vor und Art. 612 Abs. 1 ZGB geht impliz­it von der Zuläs­sigkeit ein­er Soulte aus. Die Soulte hat ihren Entste­hungs­grund im Erbrecht und weist somit einen engen Bezug dazu auf. Dies gilt in der Folge auch für Stre­it­igkeit­en über die Soulte, namentlich für die Klage auf Vol­lzug eines abgeschlosse­nen Erbteilungsver­trags. Gültigkeit und Wirk­samkeit des Erbteilungsver­trags sind Voraus­set­zung, damit die Klage gut­ge­heis­sen wer­den kann, und Män­gel dieses Ver­trages kön­nen einrede- oder ein­wen­dungsweise in den Prozess einge­bracht wer­den. […] Der enge erbrechtliche Bezug der Vol­lzugsklage beste­ht im Übri­gen unab­hängig davon, ob die Erbenge­mein­schaft bere­its als aufgelöst zu gel­ten hat oder nicht (vgl. dazu Urteil 5D_133/2010 vom 12. Jan­u­ar 2011 E. 4) […].

Zur Bestä­ti­gung dieses Ergeb­niss­es ver­weist das Bun­des­gericht auf die Zuständigkeitsvorschriften im Binnenverhältnis:

4.3 […] Im bin­nen­rechtlichen Ver­hält­nis wird die Klage auf Erfül­lung des Erbteilungsver­trages von der über­wiegen­den Lehre eben­falls als erbrechtliche Stre­it­igkeit qual­i­fiziert und […] Art. 28 ZPO unter­stellt […]. Im Sinne ein­er sys­tem­a­tis­chen, auf die Ein­heit der Recht­sor­d­nung bedacht­en Recht­sprechung kann diese Dok­trin zur Ausle­gung des IPRG beige­zo­gen wer­den, zumal Gründe für eine unter­schiedliche Behand­lung der Klage auf Zahlung der Soulte im Bin­nen- und im inter­na­tionalen Ver­hält­nis nicht ersichtlich sind. Schliesslich ste­ht auch das Lugano-Übereinkom­men (LugÜ […]) der Anwen­dung von Art. 86 Abs. 1 i.V.m. Art. 87 Abs. 2 IPRG nicht ent­ge­gen. Das Gebi­et des Erbrechts ist von seinem Anwen­dungs­bere­ich aus­geschlossen (Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 LugÜ 1988 bzw. Art. 1 Ziff. 2 lit. a LugÜ 2007). Der Begriff des Erbrechts im LugÜ braucht zwar nicht mit dem schweiz­erischen Ver­ständ­nis dieses Begriffs iden­tisch zu sein. Allerd­ings wer­den auch im Zusam­men­hang mit dem LugÜ Stre­it­igkeit­en über Teilungsverträge als erbrechtlich qual­i­fiziert […]. Daraus fol­gt, dass das Zivil­gericht Basel-Stadt zur Behand­lung der Klage der Beschw­erde­führerin inter­na­tion­al und örtlich zuständig ist.