Mit Urteil (1B_134/2011) vom 14. Juli 2011 weist das Bundesgericht die Beschwerde eines Reporters der Zeitung „Blick“ ab, der beantragt hat, die Unzulässigkeit seiner Wegweisung aus einer bezirksgerichtlichen Verhandlung festzustellen. Das Gericht erkannte keine Verletzung der Meinungsfreiheit (Art. 16 BV) oder Medienfreiheit (Art. 17 BV).
In dem betreffenden Strafverfahren, in dem es um häusliche Gewalt ging und sowohl Täter als auch Opfer an erheblichen psychischen Problemen litten, hatte das Bezirksgericht zum Schutz ihrer Persönlichkeit sowie mit Rücksicht auf das Alter des Angeklagten die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen, die akkreditierten Gerichtsberichterstatter dagegen zugelassen. Zu Beginn der Hauptverhandlung wies der Vorsitzende die Journalisten darauf hin, dass von den Verfahrensbeteiligten keine persönlichen Daten publiziert werden dürften. Er fragte den „Blick“-Reporter, ob er Gewähr dafür bieten könne, dass die Privatsphäre der Prozessbeteiligten in diesem Sinne gewahrt werde. Als dieser antwortete, er könne „für gar nichts“ garantieren, da der Chefredaktor über die Art und Weise der Berichterstattung entscheide, wurde der Beschwerdeführer von der Verhandlung ausgeschlossen.
Das Bundesgericht legt eingangs dar, dass der Beschwerdeführer zwar kein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde mehr habe, hier aber auf dieses Erfordernis verzichtet werde, weil die Frage nach der Zulässigkeit des Ausschlusses eines Gerichtsberichterstatters von grundsätzlicher Bedeutung sei und darum im öffentlichen Interesse liege (E. 2.5).
Daraufhin kommt das Bundesgericht zu dem Schluss, dass die Wegweisung des Beschwerdeführers die Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit nicht verletzt habe, wobei auf die Meinungsfreiheit als – gegenüber den speziellen Formen der Kommunikation – subsidiäres Auffanggrundrecht (vgl. BGE 127 I 145 E. 4b S. 151) nicht weiter einzugehen war (E. 4.2):
4.4 Insbesondere im Strafprozess kann die detaillierte Ausbreitung der persönlichen Verhältnisse in die Privat- oder gar Geheimsphäre des Angeschuldigten eingreifen und sie ist überdies geeignet, die Unschuldsvermutung zu verletzen. Deshalb erfolgt die Gerichtsberichterstattung hier normalerweise in anonymisierter Form, zumal die Namensnennung im Bereich des Strafrechts in den meisten Fällen auch entbehrlich ist. Indes kann eine Berichterstattung mit Namensnennung im Zusammenhang mit dem Verdacht, es sei eine Straftat begangen worden, bei Personen der Zeitgeschichte je nach der Interessenlage gerechtfertigt sein (BGE 129 III 529 E. 3.2 S. 532 f. mit Hinweisen). Um Personen der Zeitgeschichte handelte es sich bei den Parteien des bezirksgerichtlichen Verfahrens nicht. Im Lichte der dargelegten Rechtsprechung hatte die Gerichtsberichterstattung daher in anonymisierter Form zu erfolgen. Der Vorsitzende des Bezirksgerichts verlangte somit vom Beschwerdeführer Gewähr für etwas, wozu dieser mit Blick auf den Schutz der Persönlichkeit der Verfahrensparteien ohnehin gehalten war. Insoweit kann kein schwerer Eingriff in die Medienfreiheit angenommen werden. Der Vorsitzende des Bezirksgerichts drohte dem Beschwerdeführer jedoch für den Fall, dass er die verlangte Gewähr nicht geben werde, den Ausschluss von der Verhandlung an und vollzog diesen dann auch. Ein solcher Ausschluss stellt in der Regel einen schweren Eingriff in die Medienfreiheit dar (BGE 113 Ia 309 E. 5c S. 323). Im vorliegenden Fall ist allerdings davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Zugang zur Hauptverhandlung – gegebenenfalls auch noch kurz nach deren Beginn – hätte haben können, wenn er bzw. der „Blick“ dies unbedingt gewollt hätten. Der Beschwerdeführer hätte diesfalls umgehend den Chefredaktor anrufen und diesen zur Abgabe der verlangten Erklärung veranlassen können.
Der angefochtene Entscheid beruht zudem auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht:
4.5 […] Gemäss § 135 GVG/ZH sind die Verhandlungen bei allen Gerichten öffentlich (Abs. 1). Von Verhandlungen über Straftaten, durch welche eine Person in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist, wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, wenn überwiegende Interessen des Opfers es erfordern (Abs. 3). […] Der Ausschluss der Öffentlichkeit gemäss § 135 Abs. 3 GVG/ZH erfasst diese schlechthin und damit auch die Gerichtsberichterstatter. Diese Bestimmung unterscheidet nicht zwischen Gerichtsberichterstattern und anderen Personen. § 135 Abs. 4 GVG/ZH sieht zwei Ausnahmen betreffend den Ausschluss der Öffentlichkeit vor. Dieser kann zum einen nur für bestimmte Prozesshandlungen angeordnet werden. Zum andern können Gerichtsberichterstatter vom Ausschluss ausgenommen bzw. zugelassen werden (Satz 1). Das Gericht kann jedoch die Zulassung der Gerichtsberichterstatter mit der Auflage verbinden, dass die Identität des Opfers nicht veröffentlicht werden darf (Satz 2). Daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass der Gerichtsberichterstatter, der sich der Auflage nicht unterzieht, von der Verhandlung ausgeschlossen werden darf. Er erfüllt die entsprechende Voraussetzung für seine (ausnahmsweise) Zulassung nach § 135 Abs. 4 Satz 2 GVG/ZH nicht, womit es beim Ausschluss nach § 135 Abs. 3 GVG/ZH bleibt.
Der vorliegende Fall war nach dem bisherigen kantonalen Recht zu beurteilen; doch laut Bundesgericht wäre der Ausschluss auch nach neuem Recht zulässig gewesen:
4.7 […] Gemäss Art. 70 StPO kann das Gericht die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz oder teilweise ausschliessen, wenn schutzwürdige Interessen einer beteiligten Person, insbesondere des Opfers, dies erfordern (Abs. 1 lit. a). Das Gericht kann Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern unter bestimmten Auflagen den Zutritt zur Verhandlung gestatten, die nach Absatz 1 nicht öffentlich sind (Abs. 3).
Es gilt insoweit das zu § 135 GVG/ZH Gesagte. Schliesst das Gericht die Öffentlichkeit nach Art. 70 Abs. 1 StPO aus, erfasst dies auch die Gerichtsberichterstatter […]. Unterzieht sich ein Gerichtsberichterstatter der Auflage nicht, erfüllt er die entsprechende Voraussetzung für den Zutritt nach Art. 70 Abs. 3 StPO nicht und bleibt es damit bei seinem Ausschluss.