4A_62/2012: unterschiedliche Behandlung identischer WDL; hier kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, kein Vertrauensschutz

Das Insti­tut für Geistiges Eigen­tum IGE hat­te die Ein­tra­gung ein­er Marke ver­weigert, weil das für die Marke beanspruchte Waren- und Dien­stleis­tungsverze­ich­nis (WDL) teil­weise MSchV 11 wider­spreche (unklare For­mulierun­gen, falsche Zuord­nung bes­timmter Waren und Dien­stleis­tun­gen; Kat­e­gorisierung bes­timmter Waren als Dien­stleis­tun­gen). Dage­gen wandte die Hin­ter­legerin, Son­ic Health­care Lim­it­ed, ein, sie habe am Hin­ter­legungs­da­tum neben der strit­ti­gen Marke zwei weit­ere Marken mit dem iden­tis­chen WDL hin­ter­legt. Dort sei es zu kein­er Bean­stan­dung gekom­men.

Das IGE hielt an sein­er Bean­stan­dung fest. Das BVGer wies eine Beschw­erde dage­gen ab. Vor BGer war strit­tig, ob Son­ic Health­care aus dem Grund­satz der Gle­ich­be­hand­lung im Unrecht und dem Grund­satz von Treu und Glauben einen Anspruch auf Ein­tra­gung des strit­ti­gen WDL ableit­en könne. Das BGer verneint dies im vor­liegen­den Urteil:

Ein Anspruch auf Gle­ich­be­hand­lung im Unrecht wird aus­nahm­sweise anerkan­nt, wenn eine ständi­ge geset­zwidrige Prax­is ein­er recht­san­wen­den­den Behörde vor­liegt und die Behörde zu erken­nen gibt, dass sie auch in Zukun­ft nicht von dieser Prax­is abzuwe­ichen gedenke. Das lag hier nicht vor.  Ausser­dem greift der Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz nur gegenüber ver­schiede­nen Per­so­n­en, nicht gegenüber sich selbst.

Der Ver­trauenss­chutz aus Treu und Glauben sein­er­seits set­zt zunächst eine Ver­trauensgrund­lage durch behördliche Zusicherung oder son­stiges, bes­timmte Erwartun­gen begrün­den­des Ver­hal­ten der Behör­den voraus; sodann berechtigtes Ver­trauen und gestützt darauf nachteilige Dis­po­si­tio­nen, die sie nicht rück­gängig machen kann; schliesslich, dass dem Ver­trauenss­chutz keine über­wiegende öffentliche Inter­essen gegenüber­ste­hen. Vor­liegend fehlte es auf­grund des zeitlichen Ablaufs an ein­er Ver­trauensgrund­lage und ein­er entsprechen­den Dis­po­si­tion. Son­ic Health­care hat­te die drei Gesuche prak­tisch gle­ichzeit­ig ein­gere­icht. Die Ein­tra­gung der einen Marke kon­nte für die For­mulierung des bean­stande­ten WDL also gar keine Rolle spie­len. Ausser­dem wartete Son­ic Health­care nach der ange­focht­e­nen Bean­stan­dung im August 2009 bis im Dezem­ber 2009, als die anderen Marken bere­its einge­tra­gen waren. Sie hätte durch raschere Reak­tion eine unter­schiedliche Behand­lung also prob­lem­los ver­mei­den kön­nen. Fern­er hat­te sie keine nachteilige Dis­po­si­tion gel­tend gemacht. Schliesslich ist die unter­schiedliche Behand­lung der WDL nicht willkürlich.