5A_627/2012: Begriff der erbrechtlichen Streitigkeit i.S.v. IPRG 86 / ZPO 28

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Urteil den Begriff der erbrechtlichen Stre­it­igkeit i.S.v. IPRG 86 (Zuständigkeit) auszule­gen. Die Erben hat­ten im Zuge der erbrechtlichen Auseinan­der­set­zung gegen­seit­ig Gewinn­beteili­gungsrechte an Grund­stück­en vere­in­bart, waren dann aber in Stre­it über die Höhe eines Gewin­nan­teils ger­at­en. War dieser Stre­it eine erbrechtliche Stre­it­igkeit, waren die schweiz­erischen Gerichte am let­zten Wohn­sitz des Erblassers zuständig.

Das BGer stützt sich für die Ausle­gung der “erbrechtlichen Stre­it­igkeit” auf die Recht­sprechung zu ZPO 28 I bzw. zum früheren GestG 18 I. Im Sinne ein­er “sys­tem­a­tis­chen, auf die Ein­heit der Recht­sor­d­nung bedacht­en Recht­sprechung” sei eine Klage im Bin­nen- und eine solche im inter­na­tionalen Ver­hält­nis dies­bezüglich gle­ich zu behan­deln (BGE 137 III 369 E. 4.3 S. 373). Erbrechtlich ist eine Klage, wenn sie in engem Zusam­men­hang mit dem Erb­gang ste­ht, d.h. wenn sie ihre Grund­lage im Erbrecht hat:

Eine erbrechtliche Stre­it­igkeit ist vor diesem Hin­ter­grund gegeben, wenn sich die Parteien auf einen erbrechtlichen Titel berufen, um einen Teil ihrer Erb­schaft zu fordern und die Exis­tenz ihrer Rechte fest­stellen zu lassen; erbrechtliche Stre­it­igkeit­en betr­e­f­fen dem­nach Kla­gen, mit denen Bestand oder Höhe erbrechtlich­er Ansprüche gel­tend gemacht oder bestrit­ten wer­den (BGE 119 II 77 E. 3a S. 81; 132 III 677 E. 3.3 S. 679 f.; 137 III 369 E. 4.3 S. 731).

Für den konkreten Fall hält das BGer zunächst fest, dass dass auch rechts­geschäftliche Vere­in­barun­gen als erbrechtlich gel­ten kön­nen, wenn der erforder­liche Kon­nex mit der erbrechtlichen Auseinan­der­set­zung vor­liegt. Das traf hier zu:

Vielmehr geht es – ähn­lich der Kon­stel­la­tion in BGE 137 III 369 – um eine im Rah­men der erbrechtlichen Auseinan­der­set­zung zwis­chen den
Erben stip­ulierte wert­mäs­sige Aus­gle­ichung der einzel­nen Lose
, soweit
Grund­stücke betrof­fen sind und diese innert zehn Jahren mit Gewinn
veräussert wer­den, was bei Ein­tritt der vere­in­barten Bedingungen
zunächst eine Offen­le­gungs- bzw. Abrech­nungs- und in der Folge eine
Zahlungspflicht aus­löst. Zur Debat­te ste­ht […] eine Klage auf Durch­set­zung der
rechts­geschäftlich vorgenomme­nen Erbteilung
und der Zusam­men­hang mit der
Verteilung des Nach­lass­es ist genü­gend eng, um die betr­e­f­fende Klage
als eine erbrechtliche Stre­it­igkeit im Sinn von Art. 86 Abs. 1 IPRG erscheinen zu lassen.