4A_380/2012: Prozessführungsbefugnis der ausländischen Konkursverwaltung; Präzisierung der Rechtsprechung (obiter) (amtl. Publ.)

Das BGer stellt zu sein­er Prax­is zur Prozess­führungs­befug­nis aus­ländis­ch­er Konkursver­wal­tun­gen im vor­liegen­den Urteil zunächst Fol­gen­des fest:

In der Tat lässt sich der bis­lang zu diesem Thema
ergan­genen Recht­sprechung des Bun­des­gerichts nicht ent­nehmen, dass durch
das 11. Kapi­tel des IPRG ein­er aus­ländis­chen Konkursver­wal­tung die
Prozess­führung vor schweiz­erischen Gericht­en (abge­se­hen von den im
Gesetz aus­drück­lich vorge­se­henen Befug­nis­sen) generell unter­sagt werden
sollte, so ins­beson­dere auch dann, wenn keine Ver­mö­genswerte in der
Schweiz betrof­fen sind
. Das Bun­des­gericht erwäh­nte immer­hin in einem
pub­lizierten Entscheid, die auss­chliessliche Befug­nis des für den
Anschlusskonkurs zuständi­gen schweiz­erischen Konkur­samtes, die zur
aus­ländis­chen Konkurs­masse gehören­den Rechte auszuüben, sei gegeben,
soweit es um in der Schweiz gele­genes Ver­mö­gen gehe (BGE 135 III 40 E. 2.5.1 mit Hin­weisen). Im Entscheid über die Haup­tk­lage des Beschw­erdegeg­n­ers führte das Bun­des­gericht sodann aus, dass die Art. 166 ff. IPRG
“nur greifen, wenn in der Schweiz gele­genes Ver­mö­gen zur Masse gezogen
wer­den soll”, andern­falls es am ter­ri­to­ri­alen Bezug zur Schweiz fehle (BGE 137 III 631
E. 2.3.4).

 Die bish­erige Prax­is schliesst eine Prozess­führung der aus­ländis­chen Konkurs­masse also nur insoweit aus, als es um in der Schweiz gele­genes Ver­mö­gen geht.

Das BGer deutet sodann an, dass die Prozess­führungs­befug­nis der
aus­ländis­chen Insol­ven­zver­wal­tung über diesen Fall hin­aus nicht unbe­d­ingt beschränkt sein muss:

Aus welchem Grund die Prozess­führungs­befug­nis der
aus­ländis­chen Insol­ven­zver­wal­tung über diesen Fall hin­aus beschränkt
sein sollte, ist denn mit Blick auf die Entste­hungs­geschichte des 11.
Kapi­tels des IPRG auch nicht ohne Weit­eres ersichtlich: Nach der
Botschaft des Bun­desrats zum IPRG ziel­ten die vorgeschlagenen
Bes­tim­mungen des inter­na­tionalen Konkursrechts darauf ab, “für das in
der Schweiz befind­liche Ver­mö­gen eines Gemein­schuld­ners, über den im
Aus­land der Konkurs eröffnet wurde, eine dem schweiz­erischen Recht
angemessene Verteilung zu ermöglichen.” Die vorge­se­hene Regelung beruhte
fol­glich — weit­er in den Worten des Bun­desrats — “zur Haupt­sache auf
den Prinzip­i­en der Anerken­nung des aus­ländis­chen Konkurs­dekrets, der
Real­isierung der in der Schweiz gele­ge­nen Aktiv­en und deren Auslieferung
an die aus­ländis­che Konkursver­wal­tung” (Botschaft vom 10. Novem­ber 1982
zum Bun­des­ge­setz über das inter­na­tionale Pri­va­trecht, BBl I 1982 287
und 449 f.).

Das BGer kon­nte diese Frage aber let­ztlich offen­lassen. Zwar betraf die vor­liegend zu beurteilende Klage keine in der Schweiz liegenden
Ver­mö­genswerte, “stand aber in engem sach­lichen Zusam­men­hang zu den
Bestre­bun­gen des Insol­ven­zver­wal­ters ste­hen, in der Schweiz gelegenes
Ver­mö­gen in die Konkurs­masse einzubeziehen”.