Das Obergericht des Kantons Bern trat auf eine Beschwerde einer Aktiengesellschaft nicht ein, weil die Beschwerde von zwei angestellten Juristen unterschrieben worden war, die gemäss Handelsregister nicht zeichnungsberechtigt waren. Das Obergericht Bern ging von einer berufsmässigen Vertretung im Sinne von Art. 68 Abs. 2 lit. a ZPO aus, die Anwältinnen und Anwälten vorbehalten ist, welche gemäss Anwaltsgesetz berechtigt sind, Parteien vor schweizerischen Gerichten zu vertreten. Das Bundesgericht widersprach (BGer. 4D_2/2013 vom 1. Mai 2013):
2.2 Die Beschwerdeführerin rügt, das Obergericht sei
in Willkür verfallen, weil es angenommen habe, nur im Handelsregister
eingetragene Organe könnten für eine juristische Person im Prozess
auftreten. Es habe nicht beachtet, dass auch Unternehmensjuristen, zu
deren üblichen und täglichen Aufgabe das Verfassen und Einreichen von
Beschwerden gehören, in juristischen Belangen den Willen der
juristischen Person zum Ausdruck brächten und damit von Art. 68 ZPO — gleich wie von der parallelen Regelung in Art. 40 BGG — nicht erfasst würden.2.2.1 Art. 68 Abs. 2 lit. a ZPO
behält die berufsmässige Vertretung von Parteien im Prozess
grundsätzlich Anwälten vor, die nach dem Anwaltsgesetz berechtigt sind,
Parteien vor schweizerischen Gerichten zu vertreten. Die Vertretung von
Parteien vor Bundesgericht in Zivil- und Strafsachen kann nach Art. 40 Abs. 1 BGG
ebenfalls nur durch solche Anwälte erfolgen. Das damit statuierte
prozessrechtliche Anwaltsmonopol bezieht sich auf die Vertretung von
Personen durch Dritte und kommt damit nicht zur Anwendung, soweit das
materielle Zivilrecht bei juristischen Personen die Vertretung im
Prozess durch firmeninterne Personen mit Organfunktion zulässt (MARTIN
H. STERCHI, in: Berner Kommentar zur ZPO, Bd. I, 2012, N. 12 zu Art. 68 ZPO; LUCA TENCHIO, in: Basler Kommentar, ZPO, 2010, N. 2 und 21 zu Art. 68 ZPO; vgl. auch BGE 130 II 87 E. 4.3.2 S. 97; LAURENT MERZ, in: Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 40 BGG; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 5 zu Art. 40 BGG). So lassen Art. 458 ff. OR
bei juristischen Personen, die ein kaufmännisches Gewerbe führen, ihre
Vertretung im Prozess durch Prokuristen und andere
Handlungsbevollmächtigte zu, denen damit nicht die Stellung eines
berufsmässigen Vertreters im Sinne von Art. 68 Abs. 2 ZPO zukommt (vgl. BGE 97 II 94 S. 95, der Prokuristen betrifft; STERCHI, a.a.O., N. 12 zu Art. 68 ZPO;
Urteil des Berner Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2007, VGE 22813, E.
1.4.6, publ. in: BVR 2008, S. 29). Die Prokura umfasst vermutungsweise
das Recht, alle Arten von Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Zweck
des Unternehmens mit sich bringen kann (Art. 459 Abs. 1 OR).
Zu diesen Rechtshandlungen gehört auch die Prozessvertretung (Urteil
4P.184/2003 vom 2. Februar 2004 E. 2.3.2 mit Hinweis). Mit der
kaufmännischen Handlungsvollmacht wird jemand ohne Erteilung der Prokura
zum Betrieb des Gewerbes oder zu bestimmten Geschäften im Gewerbe als
Vertreter bestellt (Art. 462 Abs. 1 OR). Gemäss Art. 462 Abs. 2 OR
ist der Handlungsbevollmächtigte jedoch zur Prozessführung nur
ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis ausdrücklich erteilt worden
ist. Die ausdrückliche Erteilung der Prozessführungsbefugnis kann
schriftlich oder mündlich, nicht jedoch bloss stillschweigend erfolgen
(CHRISTINE CHAPPUIS, in: Commentaire Romand, CO I, 2. Aufl. 2012, N. 14
zu Art. 462 OR i.V.m. N. 7 zu Art. 459 OR;
KARL WAGNER, Die Handlungsvollmachten nach Art. 462 des
Obligationenrechts, 1945, S. 38; vgl. betreffend Art. 426 Abs. 2 aOR:
Entscheid des Bundesgerichts, I. Abteilung, vom 31. Mai 1902 E. 3, publ.
in: Blätter für Zürcherische Rechtsprechung, Neue Folge Bd. I, 1902,
Nr. 159 S. 199 f.). Die Regelung der ausdrücklichen Vollmachtserteilung
in Art. 462 Abs. 2 OR erfährt insoweit eine Ausnahme, als der Geschäftsinhaber gemäss Art. 458 Abs. 1 OR einem Handlungsbevollmächtigten stillschweigend die Prokura erteilen kann (BGE 94 II 117 E. 3 S. 118 f.; vgl. auch: BGE 99 IV 1
E. 1c S. 3). Anders als die Prokura kann die Handlungsvollmacht nicht
ins Handelsregister eingetragen werden (Urteil 4C.348/2006 vom 17.
Januar 2007 E. 8.1 mit Hinweis). Der Handlungsbevollmächtigte hat daher
dem Gericht seine Ermächtigung zur Prozessführung nach Art. 642 Abs. 2 OR
durch eine von den zuständigen Personen erteilte Vollmacht zu belegen
(vgl. Urteil des Berner Verwaltungsgerichts vom 21. Juni 2007, VGE
22813, E. 1.4.8., publ. in: BVR 2008, S. 30).2.2.2 Nach dem Gesagten hat das Obergericht verkannt,
dass nicht im Handelsregister eingetragene Handlungsbevollmächtigte
gemäss Art. 462 Abs. 2 OR zur Prozessführung ermächtigt werden können, ohne unter das Anwaltsmonopol gemäss Art. 68 ZPO
zu fallen. Das Obergericht ist daher in Willkür verfallen, wenn es die
Vertretungsbefugnis der von der Beschwerdeführerin angestellten Juristen
aufgrund ihrer fehlenden Eintragung im Handelsregister ausschloss, ohne
zu prüfen, ob eine Ermächtigung zur Prozessführung gemäss Art. 462 Abs. 2 OR vorlag.