4A_15/2013: Verantwortlichkeit; (hier pflichtwidrige) Gewährung eines ungesicherten Darlehens an (nicht konzernmässig verbundene) Dritte

Das BGer erin­nert im vor­liegen­den Urteil im Kon­text ein­er Ver­ant­wortlichkeit­sklage zunächst an fol­gende all­ge­meinen Grund­sätze:

Nach Art. 717 Abs. 1 OR müssen die Mit­glieder des Ver­wal­tungsrats, sowie Dritte, die mit der Geschäfts­führung befasst sind, ihre Auf­gaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Inter­essen der Gesellschaft in guten Treuen wahren. Die geset­zlich normierte Treuepflicht ver­langt, dass die Mit­glieder des Ver­wal­tungsrats ihr Ver­hal­ten am Gesellschaftsin­ter­esse aus­richt­en. Beste­ht die Gefahr eines Inter­essenkon­flik­ts, hat der betrof­fene Ver­wal­tungsrat mit­tels geeigneter Mass­nah­men sicherzustellen, dass die Inter­essen der Gesellschaft gebührend berück­sichtigt wer­den […]. Das Bun­des­gericht hat fest­ge­hal­ten, dass strenge Massstäbe anzule­gen sind, wenn ein Ver­wal­tungsrat nicht im Inter­esse der Gesellschaft, son­dern in eigen­em, in dem­jeni­gen von Aktionären oder von Drittper­so­n­en handelt[…].
Demge­genüber haben sich Gerichte bei der nachträglichen Beurteilung von Geschäft­sentschei­den, die in einem ein­wand­freien, auf ein­er angemesse­nen Infor­ma­tions­ba­sis beruhen­den und von Inter­essenkon­flik­ten freien Entschei­d­prozess zus­tande gekom­men sind, Zurück­hal­tung aufzuerlegen […].

Mit Bezug auf die Gewährung von Dar­lehen gilt Fol­gen­des:

Was konkret die Gewährung von Dar­lehen anbe­langt, so darf ein solch­es jeden­falls nicht gewährt wer­den, wenn keine Aus­sicht­en auf Rück­zahlung mehr gegeben sind. Dabei spielt freilich die finanzielle Basis des das Dar­lehen gewähren­den Unternehmens eine Rolle. Eine finanziell gesunde Basis erlaubt einem Unternehmen eher, Risiken einzuge­hen, als wenn eine solche fehlt. Voraus­set­zung bleibt aber auch dann, dass das Risiko bewusst eingeschätzt und einge­gren­zt wird. Ander­er­seits wird eine Sorgfalt­spflichtver­let­zung in Bezug auf einen konkreten Kred­i­tentscheid nicht deshalb unbeachtlich, weil im Zeit­punkt des Han­delns der Organe eine Schädi­gung der Gläu­biger der Gesellschaft ausser­halb jed­er Erwartung lag, denn ver­ant­wortlich wird der Ver­wal­tungsrat, weil sein Ver­hal­ten die Gesellschaft selb­st schädigt, d.h. deren Ver­mö­gen beein­trächtigt wird […].

Im vor­liegen­den Fall hat­te das OGer ZH die Dar­lehens­gewährung ohne aus­re­ichende Sicher­heit­en als unzuläs­sig beurteilt,

  • weil dadurch ein Klumpen­risiko geschaf­fen wor­den sei, 
  • weil sich die Dar­lehens­ge­berin in einem Liq­uid­ität­sen­g­pass befun­den habe und 
  • weil eine Rück­zahlung (zumin­d­est kurzfristig) als aus­geschlossen zu betra­cht­en gewe­sen sei.

Das BGer bestätigt dies mit fol­gen­der Erwägung:

Es ist sodann nicht bun­desrechtswidrig, wenn die Vorin­stanz die Ein­räu­mung eines ungesicherten Dar­lehens bei ver­schärfter Liq­uid­itätssi­t­u­a­tion und unsicheren Rück­zahlungsaus­sicht­en als Pflichtver­let­zung qual­i­fiziert. Die Ver­gabe eines Dar­lehens an eine (hier jeden­falls nicht konz­ern­mäs­sig ver­bun­dene) Recht­sein­heit ohne gle­ichzeit­ige Bestel­lung ein­er Kred­it­sicher­heit liegt nicht im Inter­esse der Gesellschaft und ist sorgfaltswidrig, wenn nicht beson­dere Umstände dafür sprechen, dass die Wahrung der Gesellschaftsin­ter­essen die Gewährung eines ungesicherten Dar­lehens nahele­gen. Solche Umstände hat die Vorin­stanz wed­er fest­gestellt, noch wer­den solche vom Beschw­erde­führer ent­ge­gen sein­er Behaup­tung in der Beschw­erde­schrift vorge­bracht. In der Tat ist nicht einzuse­hen, weshalb der Beschw­erde­führer im konkreten Fall auf eine Besicherung des Dar­lehens durch Dritte verzichtet hat […].