5A_305/2014: Aufhebung der Konkurseröffnung (Art. 174 SchKG), Anspruch auf rechtliches Gehör

Mit vor­liegen­dem Urteil hiess das Bun­des­gericht eine Beschw­erde wegen Ver­let­zung des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör gut.

Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde: Der Konkursrichter hat­te auf Begehren von Y. den Konkurs über die X. AG eröffnet. Dage­gen hat­te die X. AG Beschw­erde erhoben und ver­schiedene Unter­la­gen betr­e­f­fend ihre Zahlungs­fähigkeit ein­gere­icht. Später reichte die X. AG eine Stel­lung­nahme zu zwei Eingaben von nicht am Ver­fahren beteiligten Gläu­bigern ein. Das Kan­ton­s­gericht wies die gegen die Konkurs­eröff­nung gerichtete Beschw­erde ab. Mit Beschw­erde in Zivil­sachen gelangte die X. AG an das Bun­des­gericht. Sie beantragte die Aufhe­bung des kan­ton­s­gerichtlichen Urteils und des Konkurs­es, even­tu­aliter die Rück­weisung der Sache an die Vorin­stanz zur Beweis­er­he­bung und zu neuem Entscheid.

Strit­tig war, ob die X. AG ihre Zahlungs­fähigkeit aus­re­ichend glaub­haft gemacht habe (E. 2.). Die X. AG rügte vor Bun­des­gericht u.a. eine Ver­let­zung ihres Anspruchs auf rechtlich­es Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Sie machte gel­tend, die Vorin­stanz habe ihren Gehör­sanspruch ver­let­zt, indem sie ihre Beweisanträge auf Parteibefra­gung und Ein­ver­nahme von Zeu­gen zur mass­geben­den Frage ihrer Zahlungs­fähigkeit unberück­sichtigt gelassen habe, und habe ihr dadurch ver­wehrt, ihre Zahlungs­fähigkeit glaub­haft zu machen. Sie hätte durch Zeu­gen dar­tun kön­nen, dass es sich nur um einen kurzfristi­gen Liq­uid­ität­sen­g­pass gehan­delt habe und dass Zahlun­gen unmit­tel­bar bevorge­s­tanden hät­ten etc. Zudem hät­ten die Zeu­gen erläutern kön­nen, auf­grund welch­er Umstände in den einzel­nen Fällen Rechtsvorschlag erhoben wor­den sei. (E. 3.1.)

Das Bun­des­gericht erwog zunächst, dass der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs formeller Natur sei, und dass dessen Ver­let­zung grund­sät­zlich ungeachtet der materiellen Begrün­de­theit des Rechtsmit­tels zur Gutheis­sung der Beschw­erde führe (E. 3.2. m.w.H.). Deshalb wurde diese Rüge vor­weg geprüft.

Zum Inhalt des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör führte das Bun­des­gericht aus (E. 3.3.):

„Der Anspruch auf rechtlich­es Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befug­nisse, die ein­er Partei einzuräu­men sind, damit sie in einem Ver­fahren ihren Stand­punkt wirk­sam zur Gel­tung brin­gen kann. Diesem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörde, die Argu­mente und Ver­fahren­santräge der Partei ent­ge­gen­zunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeit­ig und form­richtig ange­bote­nen Beweis­mit­tel abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht erhe­bliche Tat­sache oder seien offen­sichtlich untauglich, über die stre­it­ige Tat­sache Beweis zu erbrin­gen […]. Keine Ver­let­zung des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör liegt auch vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter Beweis­mit­tel verzichtet, weil es auf Grund der bere­its abgenomme­nen Beweise seine Überzeu­gung gebildet hat und ohne Willkür in vor­weggenommen­er Beweiswürdi­gung annehmen kann, dass seine Überzeu­gung durch weit­ere Beweis­er­he­bun­gen nicht geän­dert würde […]. Das Bun­des­gericht ist allerd­ings in jenen Fällen streng, in denen das Gericht die form- und frist­gerecht gestell­ten Beweisanträge des Rechtssuchen­den ohne jede Begrün­dung überge­ht […]. Im Falle vor­weggenommen­er Beweiswürdi­gung muss sich aus dieser zumin­d­est impliz­it ergeben, weshalb das Gericht dem nicht abgenomme­nen Beweis­mit­tel jede Erhe­blichkeit oder Tauglichkeit abspricht […].“ (E. 3.3., Her­vorhe­bun­gen hinzugefügt) 

Die X. AG kon­nte vor Bun­des­gericht offen­bar mit Akten­hin­weisen bele­gen, dass sie im kan­tonalen Beschw­erde­v­er­fahren die Befra­gung ihres CFO, ihres VRP und eines VR zu sub­stan­ti­ierten Behaup­tun­gen offeriert hat­te. Die Vorin­stanz hat­te jedoch „[g]enerell […] sämtliche von der Beschw­erde­führerin offerierten Partei- und Zeu­gen­be­fra­gun­gen nicht the­ma­tisiert und ohne weit­eres über­gan­gen“ (E. 3.4.). Das Bun­des­gericht fol­gerte: „Dass sich die Vorin­stanz zu den Beweisanträ­gen auf Partei- und Zeu­gen­be­fra­gung wed­er aus­drück­lich noch impliz­it geäussert hat, kann eine Ver­let­zung des Bewe­is­führungsanspruchs bedeuten […], ver­let­zt hier aber auf jeden Fall den ver­fas­sungsmäs­si­gen Anspruch auf Prü­fung und Begrün­dung (Art. 29 Abs. 2 BV […]).“ (E. 3.5.)

Die Beschw­erde wurde daher (ohne Prü­fung ihrer materiellen Begrün­de­theit und der weit­eren von der X. AG erhobe­nen Rügen) gut­ge­heis­sen, der ange­focht­ene Entscheid aufge­hoben und die Sache zu neuer Entschei­dung im Sinne der Erwä­gun­gen an die Vorin­stanz zurückgewiesen.