2C_919/2014, 2C_920/2014: Die Wiederholung des Submissionsverfahrens gibt einem Unternehmen die Möglichkeit, ein neues Angebot einzureichen und begründet damit die Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 89 BGG (amtl. Publ.)

Im zur Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 21. August 2015 befasste sich das BGer mit der Recht­mäs­sigkeit ein­er Zuschlagsver­fü­gung für einen öffentlichen Auf­trag. Die Gemeinde U. lud sechs Unternehmen zur Offert­stel­lung für die Beschaf­fung, Instal­la­tion und Ein­führung ein­er neuen Soft­ware­in­fra­struk­tur ein. In der Folge erhielt das Unternehmen B. AG den Zuschlag. Das im Ver­gabev­er­fahren unter­legene Unternehmen A. AG erhob gegen die Zuschlagsver­fü­gung Beschw­erde beim Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zürich, welch­es das Rechtsmit­tel abwies. Sowohl das Unternehmen A. AG als auch die WEKO (Wet­tbe­werb­skom­mis­sion) focht­en den Entscheid des kan­tonalen Ver­wal­tungs­gerichts beim BGer an, welch­es die Beschw­erde der WEKO gutheisst.

Zunächst führt das BGer aus, dass auf die Beschw­erde des Unternehmens A. AG nicht einge­treten wer­den könne, da die Beschw­erde­führerin keine Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung aufw­erfe (vgl. Art. 83 lit. f Bun­des­ge­setz über das Bun­des­gericht [BGG, SR 173.110]).

Sodann beschäftigt sich das BGer mit ein­er von der WEKO aufge­wor­fe­nen Frage, die fol­gen­der­massen lautet: “Muss die kan­tonale Rechtsmit­telin­stanz gestützt auf Art. 5, 3 und 9 BGBM von Amtes wegen die Zuschlagsver­fü­gung für einen öffentlichen Auf­trag aufheben bzw. deren Rechtswidrigkeit fest­stellen, wenn der Auf­trag in bin­nen­mark­trechtswidriger Weise ohne öffentliche Auss­chrei­bung vergeben wurde, selb­st wenn die Beschw­erde­führerin zum Vor­brin­gen dieser Rüge gemäss kan­tonalem Ver­wal­tungsrecht nicht berechtigt ist?” Das BGer macht zu dieser Frage die fol­gen­den Ausführungen:

Die Vorin­stanz hat erwogen, die Anbi­eterin sei zum Ein­ladungsver­fahren zuge­lassen gewe­sen und habe aus dessen Durch­führung anstelle des offe­nen oder selek­tiv­en Ver­gabev­er­fahrens keinen Nachteil erlit­ten. Sie sei deshalb zur Rüge, die Sub­mis­sion sei zu Unrecht im Ein­ladungsver­fahren erfol­gt, nicht legit­imiert. Dieser Argu­men­ta­tion kann nicht gefol­gt wer­den. Mit ihrer rüge­spez­i­fis­chen Beurteilung ver­mengt die Vorin­stanz Beschw­erdele­git­i­ma­tion (bzw. Beschw­erde­befug­nis) und Beschw­erde­gründe. Die Beschw­erdele­git­i­ma­tion richtet sich auss­chliesslich nach Art. 89 BGG. Sind dessen Voraus­set­zun­gen wie hier erfüllt, ist die Beschw­erde­führerin mit sämtlichen der in Art. 95 ff. BGG aufge­führten Rügen zum Ver­fahren zuzu­lassen […]. Die Beschw­erde­führerin kann daher die Über­prü­fung des ange­focht­e­nen Entschei­ds im Lichte all jen­er Rechtssätze ver­lan­gen, die sich rechtlich oder tat­säch­lich in dem Sinne auf ihre Stel­lung auswirken, dass ihr im Falle des Obsiegens ein prak­tis­ch­er Nutzen entste­ht (E. 6.4.). 

Das BGer führt weit­er aus, dass das Unternehmen A. AG am Ein­ladungsver­fahren habe teil­nehmen kön­nen. Es sei aber nicht mass­gebend, ob dem Unternehmen A. AG durch die bish­erige Durch­führung des Ver­fahrens ein Nachteil ent­standen ist, son­dern ob es aus dem Obsiegen sein­er Anträge einen prak­tis­chen Nutzen erzie­len kann. Bei Obsiegen seines Subeven­tu­alantrags auf Wieder­hol­ung des Ver­fahrens hätte das Unternehmen A. AG ein neues Ange­bot ein­re­ichen kön­nen und damit seine Chance auf den Zuschlag gewahrt. Damit hätte es einen prak­tis­chen Nutzen gehabt.

Schliesslich sagt das BGer, dass im vor­liegen­den Fall offenkundi­ge Hin­weise für die Wahl des falschen Ver­gabev­er­fahrens (Ein­ladungsver­fahren statt offenes Ver­fahren) bestün­den. Das kan­tonale Ver­wal­tungs­gericht hätte diese rechtlichen Män­gel selb­st ohne entsprechende Rüge des Unternehmens A. AG berück­sichti­gen müssen.