1C_396/2015: Die Auferlegung einer Busse unter solidarischer Haftung ist im Verwaltungsstrafrecht unzulässig

Im Urteil vom 13. Novem­ber 2015 beschäftigte sich das BGer mit ein­er Baube­wil­li­gung, welche die Gemeinde Pon­tresina im Jahr 1989 zum Bau eines Dreifam­i­lien­haus­es erteilte. Vier Jahre später bewil­ligte die Gemeinde zudem ein Abän­derungs­ge­such, das im Erdgeschoss anstatt ein­er Waschküche eine Sauna vor­sah. Dabei machte sie fol­gende Auflage:

Die Sauna darf nie zu Wohnzweck­en benutzt und/oder verkauft wer­den (Anmerkung im Grundbuch).

Im Jahr 1998 erwar­ben A. und B. diejenige Stock­w­erkeigen­tum­sein­heit, welche die Sauna umfasst. Nach­dem die Gemeinde fest­stellte, dass der als Sauna bewil­ligte Raum zu Wohnzweck­en genutzt wird, teilte sie A. und B. mit, dass die Nutzung sofort einzustellen sei und zwar min­destens so lange, bis für die Umnutzung eine recht­skräftige Baube­wil­li­gung vor­liege. Sodann wurde A. und B. unter sol­i­darisch­er Haf­tung eine Busse von Fr. 4’000.– aufer­legt wegen Ver­let­zung von Baupolizeirecht. A. und B. gelangten ans BGer, welch­es die Beschw­erde teil­weise gutheisst.

Nach­dem das BGer die Ver­hält­nis­mäs­sigkeit der Wider­her­stel­lung des recht­mäs­si­gen Zus­tands sowie die Gewährung des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör prüfte und dies­bezügliche Rügen der Beschw­erde­führer abwies, äusserte es sich zur Aufer­legung der Busse unter sol­i­darisch­er Haf­tung. Zum Ein­wand von A. und B., Strafen hät­ten höch­st­per­sön­lichen Charak­ter und natür­liche Per­so­n­en seien deshalb je einzeln zu büssen, sagt das BGer Folgendes:

Eine Busse soll den Gebüssten durch eine Ver­mö­gens­min­derung bestrafen. Wie jede andere Strafe ist die Busse höch­st­per­sön­lich­er Natur. Dies gilt sowohl für Bussen des Kern­strafrechts als auch für jene des Ver­wal­tungsstrafrechts. Die Höch­st­per­sön­lichkeit schliesst die Über­trag­barkeit und damit ins­beson­dere auch die Vererblichkeit aus […]. Die Busse ist mithin nicht mit ein­er Forderung im Sinne des pri­vat­en oder öffentlichen Schul­drechts zu ver­wech­seln, die — sofern sie nicht eine höch­st­per­sön­liche Leis­tung zum Gegen­stand hat (vgl. Art. 68 OR) — durch einen Drit­ten erfüllt wer­den kann. Sie dient nicht den Ver­mö­gensin­ter­essen des Staates, son­dern bezweckt einzig die Bestra­fung des Täters. Wird zwei Tätern eine Gesamt­busse unter sol­i­darisch­er Haft­barkeit aufer­legt, ver­let­zt dies die höch­st­per­sön­liche Natur der Busse und damit die Unschuldsver­mu­tung […] (E. 5.3.).

Das BGer führt abschliessend aus, dass durch die Vorge­hensweise der Gemeinde die Busse nicht nach den Ver­hält­nis­sen des einzel­nen Täters bemessen werde und dieser so nicht die Strafe erlei­de, die seinem Ver­schulden entspreche. Indessen werde ger­ade dies durch Art. 106 Abs. 3 StGB (Schweiz­erisches Strafge­set­zbuch, SR 311.0) ver­langt; eine Bes­tim­mung des Bun­desrechts, welche gemäss Art. 2 Abs. 1 des Ein­führungs­ge­set­zes zur Schweiz­erischen Straf­prozes­sor­d­nung des Kan­tons Graubün­den (EGzSt­PO, BR 350.100) vor­liegend sin­ngemäss anwend­bar sei.