2C_219/2015: Notarieller Urkunde kommt keine Beweiskraft zu in Bezug auf Frage der nicht-ausländischen Beherrschung einer Aktiengesellschaft

Im Entscheid vom 20. Novem­ber 2015 hat­te das BGer zu beurteilen, ob eine Aktienge­sellschaft für den Erwerb ein­er Stock­w­erkeigen­tum­sein­heit eine Bewil­li­gung nach dem BewG (Bun­des­ge­setz über den Erwerb von Grund­stück­en durch Per­so­n­en im Aus­land, SR 211.412.41) benötigt. Die X. AG erwarb eine Stock­w­erkeigen­tum­sein­heit für Fr. 685’000.– und liess dem Bezirk­srat U. eine notarielle Urkunde zukom­men, worin ein Notar des Kan­tons Bern beurkun­dete, dass bei der X. AG keine beherrschende Beteili­gung durch Per­so­n­en im Aus­land beste­he. Der Bezirk­srat U. wies das Gesuch der X. AG ab und die gegen den Beschluss erhobe­nen kan­tonalen Rechtsmit­tel blieben erfol­g­los. Vor BGer beantragte die X. AG, dass in Aufhe­bung des Urteils des Ver­wal­tungs­gerichts des Kan­tons Zürich festzustellen sei, dass die X. AG für den Erwerb der Stock­w­erkeigen­tum­sein­heit nicht der Bewil­li­gungspflicht i.S.v. Art. 2 Abs. 1 BewG unter­liege. Das BGer weist die Beschw­erde ab.

Zunächst äussert sich das BGer zur Frage, ob die notarielle Urkunde den Beweis der nicht-aus­ländis­chen Beherrschung zu erbrin­gen ver­mag. In der notariellen Urkunde beurkun­dete der Notar des Kan­tons Bern Folgendes:

Gestützt auf meine Unter­schrift Nr. xxx, Pro­tokoll über die ordentliche Gen­er­alver­samm­lung der X. AG vom 30. Sep­tem­ber 2013, umfan­gre­iche, bei der X. AG einge­forderte und einge­gan­gene Doku­mente, eine Erk­lärung des einzelze­ich­nungs­berechtigten Präsi­den­ten des Ver­wal­tungsrates und Mehrheit­sak­tionärs, Her­rn B., eine Erk­lärung der Revi­sion­sstelle der X. AG: Y. AG sowie auf­grund per­sön­lich­er Ken­nt­nisse der Ver­hält­nisse wird fest­gestellt und bescheinigt, dass bei der X. AG Aktienge­sellschaft mit Sitz in W., keine beherrschende Beteili­gung durch Per­so­n­en im Aus­land im Sinne der Vorschriften über den Erwerb von Grund­stück­en durch Per­so­n­en im Aus­land beste­ht (E. 6.4.). 

In diesem Punkt kommt das BGer zum Schluss, dass die Vorin­stanz, indem sie der Urkunde keine Beweiskraft beigemessen hat, wed­er Art. 9 ZGB noch Art. 18 Abs. 2 BewV (Verord­nung über den Erwerb von Grund­stück­en durch Per­so­n­en im Aus­land, SR 211.412.411) ver­let­zt habe. Ins­beson­dere seien die ein­gere­icht­en Doku­mente nicht näher beze­ich­net, weshalb nicht klar sei, was der Notar über­haupt bestäti­gen könne. Sodann könne die Bestä­ti­gung, dass keine beherrschende “Beteili­gung” beste­he, auch so ver­standen wer­den, dass sie sich nur auf die finanzielle Beteili­gung im eigentlichen Sinn beziehe.

In einem zweit­en Schritt prüft das BGer, ob die Pfand­be­las­tung der Aktiv­en Anze­ichen für eine aus­ländis­che Beherrschung darstellen kann: 

Die Pfand­be­las­tung von Aktiv­en zugun­sten von möglicher­weise aus­ländis­chen Pfandgläu­bigern gehört nicht zu den Tatbestän­den, bei deren Vor­liegen nach Art. 6 Abs. 2 BewG eine aus­ländis­che Beherrschung ver­mutet wird. In Frage kommt höch­stens eine Sub­sum­tion dieses Sachver­halts unter die Gen­er­alk­lausel von Art. 6 Abs. 1 BewG. Anders als bei den Ver­mu­tungstatbestän­den von Abs. 2 trägt hier die Behörde die Beweis­last für das Vor­liegen ein­er solchen Bee­in­flus­sungsmöglichkeit, da es um eine belas­tende Anord­nung (Fest­stel­lung der Bewil­li­gungspflicht und damit in der Regel Ver­bot des Erwerbs) geht […], freilich unter Vor­be­halt der Abklärungs- und Mitwirkungspflicht­en gemäss Art. 22 BewG […] (E. 7.5.1.).

Gemäss Ansicht des BGer könne die Pfan­der­rich­tung an einem Teil der Aktiv­en nicht per se als aus­ländis­che Beherrschung betra­chtet wer­den. Anders sehe es aber aus, wenn wie im vor­liegen­den Fall der grösste Teil der Aktiv­en verpfän­det sei. Es sei denkbar, dass die verpfän­de­ten Aktiv­en der X. AG nicht nur für deren eigene Verbindlichkeit­en haften wür­den, son­dern auch für weit­ere Schulden, zumal die Pfand­be­las­tung erhe­blich höher sei als die Summe der Verbindlichkeit­en der X. AG. Vor diesem Hin­ter­grund sei es dur­chaus denkbar, dass ein aus­ländis­ch­er Pfandgläu­biger mit der Andro­hung, das Pfand zu ver­w­erten, einen entschei­den­den Ein­fluss auf die Gesellschaft ausübe.