4A_327/2016: Freizügigkeitsabkommen Kollektivkrankentaggeldversicherung; Regelung zur Übernahme einer Nachhaftung (amtl. Publ.)

A. (Beschw­erde­führer) war bei der D. AG angestellt und bei der C. AG (Stre­it­berufene) kollek­tiv-kranken­taggeld­ver­sichert. Der Beschw­erde­führer kündigte seine Anstel­lung per Ende Feb­ru­ar 2014, wobei er vom 12. Dezem­ber 2013 bis zur Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es zu 100% wegen Asth­ma arbeit­sun­fähig war. Am 3. März 2014 nahm er seine Tätigkeit bei der E. GmbH auf und war neu bei der B. AG (Beschw­erdegeg­ner­in) kollek­tiv-kranken­taggeld­ver­sichert. Ab dem 14. März 2014 war der Beschw­erde­führer auf­grund eines Asth­ma-Rück­falls erneut zu 100% arbeit­sun­fähig. Der Beschw­erde­führer forderte von der Beschw­erdegeg­ner­in Kranken­taggelder, was diese jedoch ablehnte.

Das Ver­sicherungs­gericht des Kan­tons Aar­gau wies die Klage des Beschw­erde­führers ab. Das Bun­des­gericht hiess die dage­gen erhobene Beschw­erde gut und wies die Sache zu neuer Beurteilung an das Ver­sicherungs­gericht zurück (Urteil 4A_327/2016 vom 27. Sep­tem­ber 2016).

Umstrit­ten war, ob der Beschw­erde­führer Anspruch auf Kranken­taggelder gegen die Beschw­erdegeg­ner­in hat­te. Das Ver­sicherungs­gericht hat­te erwogen, der Beschw­erde­führer sei schon als Zwei­jähriger an einem schw­eren Asth­ma erkrankt. Die Erkrankung habe schon früher zu Arbeit­sun­fähigkeit­en geführt und sei rück­fall­ge­fährdet. Bezüglich der Kranken­taggeld­ver­sicherung mit der Beschw­erdegeg­ner­in greife daher das zwin­gende Rück­ver­sicherungsver­bot gemäss Art. 9 VVG (E. 3).

Für das Bun­des­gericht war entschei­dend, ob das FZA Regelun­gen enthält, die inhaltlich gegen das Ver­bot der Rück­wärtsver­sicherung gemäss Art. 9 VVG ver­stossen und dem­nach in den Ver­sicherungs­be­din­gun­gen ein­er Kollek­tiv-Taggeld­ver­sicherung gar nicht vere­in­bart wer­den kön­nen (E. 7.1).

Vor Bun­des­gericht war nicht mehr strit­tig, dass der Beschw­erde­führer einen Rück­fall erlit­ten hat­te. Gemäss Bun­des­gericht fiel dieser Sachver­halt in den Anwen­dungs­bere­ich von Art. 4 FZA, wonach der neue Ver­sicher­er den laufend­en Schaden­fall übernehmen muss. Deshalb stellte sich die Frage, ob diese Über­nah­meregelung einen Ver­stoss gegen das Rück­ver­sicherungsver­bot nach Art. 9 VVG darstellte (E. 7.2).

Das Bun­des­gericht erkan­nte, dass keine unzuläs­sige Rück­wärtsver­sicherung vor­lag. Geregelt werde vielmehr ein Prob­lem der Nach­haf­tung. Bei der Nach­haf­tung wird über die Beendi­gung des Ver­sicherungsver­trages hin­aus für einen laufend­en Schaden­fall gehaftet. Die Über­nah­meregelung des FZA stelle eine Gewährleis­tung ein­er Nach­haf­tung für Krankheit­en dar, die bere­its im bish­eri­gen Arbeitsver­hält­nis bestanden und zur Arbeit­sun­fähigkeit geführt haben. Für das Bun­des­gericht war nicht ersichtlich, weshalb eine Vere­in­barung zwis­chen Ver­sicher­ern, wonach statt des bish­eri­gen Ver­sicher­ers der neue Ver­sicher­er eine Nach­haf­tung zu den Bedin­gun­gen des alten Ver­sicherungsver­trages und beschränkt auf dessen Leis­tungs­dauer übern­immt, nicht zuläs­sig sein soll (vgl. zum Ganzen E. 7.2).