1C_33/2016: Anspruch auf Informationen nach kant. Informationsrecht; fehlende gesetzliche Grundlagen für ein Publikationsverbot, aber Schwärzung zum Schutz von Drittinteressen

Nach der Auflö­sung des Arbeitsver­hält­niss­es mit ein­er früheren Stadt­polizistin hat­te der Dienst Gewaltschutz der Kan­ton­spolizei Zürich im Rahmen
eines Bedro­hungs­man­age­ments einen Bericht über die ehe­ma­lige Mitar­bei­t­erin ver­fasst, weil offen­bar Anze­ichen ein­er Bedro­hung bestanden. Die Mitar­bei­t­erin erlangte anschliessend gegen den Willen der Kan­ton­spolizei Aktenein­sicht. Nach ver­wal­tungsin­ter­nen Rekursen erlaubte das Ver­wal­tungs­gericht des Kt. ZH die auszugsweise Pub­lika­tion des Berichts durch die Mitar­bei­t­erin im Internet.

Das BGer hat­te zu beurteilen, ob die vom Ver­wGer ZH ange­ord­neten Aufla­gen (d.h. Ein­schränkung ein­er allfäl­li­gen Pub­lika­tion kor­rekt war. Aus­gangspunkt ist dabei das infor­ma­tionelle Selb­st­bes­tim­mungsrecht (BV 13 II) und die Mei­n­ungsäusserungs­frei­heit (Art. 19 UNO-Pakt II, EMRK 10, BV 16), wonach es grund­sät­zlich freigestellt ist, der Öffentlichkeit oder Pri­vat­per­so­n­en Mei­n­un­gen und Infor­ma­tio­nen ohne Behin­derung durch die Behör­den mitzuteilen und sich dabei aller erlaubten und zweck­mäs­si­gen Mit­tel zu bedi­enen. Die Aufla­gen des Ver­wGer ZH, die auf ein unbe­fris­tetes Pub­lika­tionsver­bot hin­aus­laufen, stellen einen schw­eren Ein­griff in diese Grun­drechte dar.

Das BGer verneint zunächst, dass für diese Aufla­gen eine genü­gende geset­zliche Grund­lage beste­ht. § 23 des Zürcher IDG (Gesetz über die Infor­ma­tion und den Daten­schutz) sieht zwar vor, dass ein öffentlich­es Organ die Bekan­nt­gabe von Infor­ma­tio­nen ganz oder teil­weise ver­weigern oder auf­schieben kann, wenn eine rechtliche Bes­tim­mung oder ein über­wiegen­des öffentlich­es oder pri­vates Inter­esse entgegensteht.

Es ist aber zunächst danach zu unter­schei­den, ob ein Recht­sanspruch auf den Zugang zu ein­er Infor­ma­tion besteht:

Bei Zugangsanspruch:

Das weit­ere “Schick­sal” der her­aus­gegebe­nen Infor­ma­tion, auf die ein Recht­sanspruch beste­ht, ste­ht ausser­halb des Regelungs­bere­ichs des IDG; insofern wäre es mit dem Geset­zeszweck nicht zu vere­in­baren, wenn die Behörde unter Beru­fung auf das IDG den Zugang gewährt, aber gle­ichzeit­ig ein­schränk­ende Nebenbes­tim­mungen betr­e­f­fend die weit­ere Ver­wen­dung ver­fügt, denn solche Aufla­gen find­en im Gesetz keine Stütze. Die weit­ere Ver­wen­dung der zugänglich gemacht­en Infor­ma­tio­nen durch die gesuch­stel­lende Per­son kann daher vom öffentlichen Organ nicht eingeschränkt wer­den […]. Diese Auf­fas­sung ver­tritt auch die Koor­di­na­tion­sstelle IDG in ihrer Stel­lung­nahme vom 22. Okto­ber 2014. 

Ohne Zugangsanspruch:

Anders ver­hält es sich (und insoweit beste­ht eine geset­zliche Grund­lage für Aufla­gen), wenn kein Recht­sanspruch auf Zugang zu einem Doku­ment beste­ht, weil die Infor­ma­tion nach Vor­nahme der Inter­essen­ab­wä­gung aus Grün­den der Geheimhal­tung ver­weigert wer­den muss […]. In einem solchen Fall ist das öffentliche Organ “Nutzniess­er” der Geheimhal­tung und kann insoweit frei darüber befind­en, ob, und wenn ja, in welch­er Weise es trotz­dem ver­ant­wortet wer­den kann, einen gewis­sen Ein­blick in die betr­e­f­fend­en Infor­ma­tio­nen zu gewähren […]. Entschei­det sich die Behörde, nichtöf­fentliche Doku­mente in bes­timmtem Umfang zugänglich zu machen, ver­fügt sie über ein weites Ermessen und kann die Ein­sicht in das Doku­ment mit Aufla­gen verbinden. So kann sie z.B. einem Jour­nal­is­ten oder ein­er Forscherin Zugang zu klas­si­fizierten Infor­ma­tio­nen unter der Auflage gewähren, keine Namen pub­lik zu machen oder die Doku­mente nur für bes­timmte Forschungsvorhaben zu ver­wen­den. In diesem Sinne ist auch die Kom­men­tarstelle zu ver­ste­hen, auf die sich die Vorin­stanz beruft […]. 

Vor­liegend bestand ein Zugangsanspruch, soweit der Bericht die Mitar­bei­t­erin selb­st betraft. Die Pub­lika­tion des Berichts im Inter­net kon­nte insofern nicht unter­sagt wer­den, weshalb das BGer die Beschw­erde gegen das Urteil des Ver­wGer ZH gutheisst.

Eine Inter­essen­ab­wä­gung ergab allerd­ings, dass der Bericht im über­wiegen­den Drit­tin­ter­esse vor der Bekan­nt­gabe an die Mitar­bei­t­erin teil­weise zu schwärzen war. Es war davon auszuge­hen, dass die Mitar­bei­t­erin mit der Pub­lika­tion des Berichts im Inter­net vor allem das Ziel ver­fol­gte, “die an den Geschehnis­sen und Abklärun­gen beteiligten Amtsper­so­n­en […] zu verunglimpfen und zu schikanieren”. Insoweit sei der Grund­satz, dass Per­so­n­en, die in Erfül­lung ein­er öffentlichen Auf­gabe han­deln, sich in Bezug auf diese Tätigkeit nicht auf ihre Pri­vat­sphäre berufen kön­nen, zu rel­a­tivieren. Es erscheine daher als ver­hält­nis­mäs­sig, die Per­so­n­en­dat­en Drit­ter (inkl. Begleit­in­for­ma­tio­nen), die im Bericht erwäh­nt wer­den, nach § 13 II IDV abzudeck­en oder zu anonymisieren