Verwaltungsräte können ihr Recht auf Auskunft und Einsicht nach Art. 715a OR gerichtlich, in einem summarischen Verfahren, durchsetzen. Dies hat das Bundesgericht in einem Leitentscheid entschieden. Die kantonalen Gerichte hatten eine solche gerichtliche Durchsetzbarkeit verneint.
Das Bundesgericht kam gestützt auf folgende Auslegung zu diesem Ergebnis:
- Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 715a OR könne weder für noch gegen die gerichtliche Durchsetzung der Informationsrechte gegen einen ablehnenden Entscheid des Verwaltungsrats etwas abgeleitet werden (E. 5.2.1).
- Der Zweck von Art. 715a OR spreche für die Klagemöglichkeit: Diese Bestimmung bezwecke sicherzustellen, dass der Verwaltungsrat seine Aufgaben als Führungs- und Aufsichtsgremium wirksam und effizient wahrnehmen könne. Sie stelle denn auch das Gegenstück zur individuellen Verantwortlichkeit der Verwaltungsratsmitglieder dar (E. 5.2.2).
- Auch der Wortlaut von Art. 715a OR, genauer der fehlende Ausschluss der Klagbarkeit, spreche für die Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung: Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass ein gesetzlich gewährter Anspruch auch gerichtlich durchgesetzt werden könne, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesagt werde. Dass im Zusammenhang mit den Informationsansprüchen der Aktionäre in Art. 697 Abs. 4 OR ausdrücklich die gerichtliche Durchsetzbarkeit vorgesehen sei, ändere nichts an dieser Auffassung. Letztere Bestimmung sei darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesgerichts habe bestätigen und eine frühere ablehnen wollen (E. 5.2.3.1).
- Schliesslich könne nichts daraus abgeleitet werden, dass Verwaltungsratsbeschlüsse nicht anfechtbar sind. Damit solle die gerichtliche Durchsetzung von gesetzlich eingeräumten Rechten nicht ausgeschlossen werden. Gerade weil anderweitige Rechte bestehen würden und durchgesetzt werden könnten, könne auf eine Anfechtbarkeit von Verwaltungsratsbeschlüssen verzichtet werden (E. 5.2.3.2).
Das Bundesgericht hielt sodann fest, dass die gerichtliche Durchsetzung der Auskunfts- und Einsichtsrechte gemäss Art. 715a OR im summarischen Verfahren erfolge. Es stützte sich dabei auf die nicht abschliessende Aufzählung der Klagemöglichkeiten in Art. 250 Abs. 2 lit. c ZPO, für welche das summarische Verfahren für anwendbar erklärt wird. Die Gründe für die Geltung des Summarverfahrens beim Auskunfts- und Einsichtsrecht der Aktionäre (Art. 697 Abs. 4 OR) und Gläubiger (Art. 958e Abs. 2 OR) im Sinne von Art. 250 lit. c Ziff. 7 ZPO würden sinngemäss auch für die Auskunfts- und Einsichtsrechte der Verwaltungsratsmitglieder nach Art. 715a OR gelten, auch wenn die Rechte Letzerer umfassender seien als diejenigen der Aktionäre oder Gläubiger. Der Anspruch des Verwaltungsratsmitglieds gemäss Art. 715a OR sei deshalb in einem — allerdings “atypischen” summarischen Verfahren nach Art. 252 ff. ZPO zu beurteilen (E. 6).
Offen gelassen hat das Bundesgericht die — bislang ebenfalls noch nicht entschiedene — Frage, ob die Nichtigkeit von Verwaltungsratsbeschlüssen auch in tatsächlicher Hinsicht von Amtes wegen zu prüfen sei, sodass die Bestimmung zur Novenschranke (Art. 317 Abs. 1 ZPO) unbeachtlich wäre. Das Bundesgericht wies zwar darauf hin, dass die Nichtigkeit jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten sei und auch im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden könne. Dies setze indessen voraus, dass der Beschluss überhaupt Gegenstand des Verfahrens sei oder sich dessen Nichtigkeit auf die Beschwerdesache auswirken könne. An beidem fehle es in diesem Verfahren, so das Bundesgericht. Der beschwerdeführende Verwaltungsrat stellte erstmals im Berufungsverfahren den Antrag, es sei die Nichtigkeit des Verwaltungsratsbeschlusses festzustellen, mit welchem er von der Teilnahme an weiteren Sitzungen des Verwaltungsrats ausgeschlossen wurde. Das Bundesgericht wies indessen darauf hin, dass der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsbegehren nicht Auskunft, sondern Einsicht in verschiedene Bücher und Akten verlange. Dieser Anspruch sei in Art. 715a Abs. 4 OR geregelt und hänge nicht von der Teilnahme an Sitzungen des Verwaltungsrats ab. Die allfällige Nichtigkeit des Ausschlusses sei deshalb ohne Bedeutung für das streitgegenständliche Einsichtsbegehren und sei deshalb auch im Rahmen der Rückweisung bei der Beurteilung des Begehrens nicht zu prüfen (E. 7).