5A_391/2017: Parteientschädigung unabhängig von der Notwendigkeit der berufsmässigen Vertretung (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Urteil befasste sich das Bun­des­gericht mit der Frage, ob bei der Fes­tle­gung der Parteientschädi­gung bei Beizug ein­er beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung (Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO) ausser­halb der unent­geltlichen Ver­beistän­dung nach Art. 118 ZPO auf die Notwendigkeit der Vertre­tung abgestellt wer­den darf. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Die Beschw­erde­führerin hat­te um pro­vi­sorische Recht­söff­nung ersucht und diese erteilt erhal­ten. Sie erhielt zudem u.a. eine Parteientschädi­gung von Fr. 148.50 (Fr. 115.– Hon­o­rar, Fr. 22.50 Aus­la­gen, Fr. 11.– MwSt) zuge­sprochen. Gegen die Fes­tle­gung der Parteientschädi­gung erhob die Beschw­erde­führerin Beschw­erde ans Oberg­ericht und ver­langte eine Entschädi­gung von Fr. 570.78 (Fr. 506.– Hon­o­rar, Fr. 22.50 Aus­la­gen, Fr. 42.28 MwSt). Das Oberg­ericht wies die Beschw­erde ab. Hierge­gen erhob die Beschw­erde­führerin Beschw­erde in Zivil­sachen und eventuell sub­sidiäre Ver­fas­sungs­beschw­erde an das Bun­des­gericht und ver­langte die Zus­prechung ein­er Entschädi­gung von Fr. 570.78 für das erstin­stan­zliche Verfahren.

Das Bun­des­gericht stellte zunächst fest, dass der Stre­itwert lediglich Fr. 570.78 betrug. Allerd­ings bejahte das Bun­des­gericht das Vor­liegen ein­er Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG; E. 1).

In der Folge (E. 3) prüfte das Bun­des­gericht, ob das Gericht bei der Bemes­sung ein­er Parteientschädi­gung an die obsiegende Partei die Notwendigkeit ein­er frei und rechts­geschäftlich gewählten beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung (d.h. ausser­halb der unent­geltlichen Recht­spflege) in Frage stellen dürfe. Nach­dem das Bun­des­gericht auf den Wort­laut (E. 3.1) und auf die Entste­hungs­geschichte (E. 3.2) von Art. 95 ZPO sowie auf zwei ältere Bun­des­gericht­sentschei­de (E. 3.3) und eine Mei­n­ung in der Lit­er­atur (E. 3.4) einge­gan­gen war, kam es zum Schluss (E. 3.5), dass es grund­sät­zlich unzuläs­sig sei, die Parteientschädi­gung von ein­er Über­prü­fung der Notwendigkeit der beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung als solch­er abhängig zu machen. Hier­für spreche zunächst, dass der Wort­laut von Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO keinen der­ar­ti­gen Vor­be­halt enthalte. Zudem würde das Recht auf beruf­s­mäs­sige Vertre­tung (Art. 68 ZPO) „fak­tisch unter­laufen, wenn eine Partei im Vor­feld eines Prozess­es damit rech­nen müsste, dass sie selb­st im Falle ihres Obsiegens keinen Beitrag an die Kosten ihrer beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung zuge­sprochen erhal­ten würde“. Schliesslich ver­wies das Bun­des­gericht auf die Recht­sun­sicher­heit, wenn auf die Notwendigkeit der beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung abgestellt würde. Das Bun­des­gericht hielt fest, „dass das Oberg­ericht die kan­tonale Beschw­erde jeden­falls nicht mit der Begrün­dung abweisen durfte, eine anwaltliche Vertre­tung im erstin­stan­zlichen Recht­söff­nungsver­fahren sei gar nicht nötig gewe­sen. Die Beschw­erde wurde daher gut­ge­heis­sen und die Sache ans Oberg­ericht zurückgewiesen.