Das Bundesgericht hatte sich zum zweiten Mal mit einer komplexen Regressklage zu befassen, in der sich die SUVA, IV und die AHV als Klägerinnen einerseits sowie eine Versicherungsgesellschaft X. AG als Beklagte andererseits gegenüberstehen (vgl. Swissblawg-Beitrag zum Rückweisungsentscheid BGE 149 III 79).
Der Auseinandersetzung liegt kurz zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einem Arbeitsunfall erlitt ein Arbeiter Verbrennungen, als sich in einem Abwasserkontrollschacht Gas entzündete. Am Unfalltag waren die Arbeiten an der Kanalisationsleitung selber abgeschlossen. Nach der Mittagspause war der Arbeiter damit beschäftigt, die Fliessrinne am Schachtboden auszubilden und die Schachtfugen abzudichten. Während er im Schacht arbeitete, entzündete sich an einer von ihm gerauchten Zigarette im Schacht befindliches Gas. Der Arbeiter musste hospitalisiert werden. Die Brandverletzungen heilten mit der Zeit gut ab. Die psychischen Folgen des Unfalls sind umstritten.
Mit Klage vom 5. Juni 2014 beantragten die Klägerinnen dem Handelsgericht Zürich, die Beklagte sei zu einer substanziellen Zahlung im siebenstelligen Bereich zu verpflichten. Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 3. Juli 2017 ab, da gemäss Art. 51 Abs. 2 OR die Arbeitgeberin aus Vertrag vor der Beklagten hafte, deren Haftung sich aus dem Rohrleitungsgesetz (RLG) ableite. Das Bundesgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde teilweise gut, hob das handelsgerichtliche Urteil auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück (Urteil 4A_453/2017 vom 12. Juli 2018).
Der vorliegende Entscheid hatte die Subrogation der Sozialversicherer in den Haftpflichtanspruch zum Gegenstand. Mit der Subrogation entsteht kein neuer, eigenständiger Anspruch des Sozialversicherers. Dieser übernimmt vielmehr durch Legalzession den Haftpflichtanspruch des Geschädigten mit allen verbundenen Vor- und Nachteilen. Der Eintritt des Sozialversicherers in den Haftpflichtanspruch erfolgt grundsätzlich integral, wird jedoch nach Art. 75 ATSG modifiziert, indem das Rückgriffsrecht des Sozialversicherers unter bestimmten Voraussetzungen und gegenüber bestimmten Personen gesetzlich eingeschränkt wird. Über den Umfang und die Folgen dieser gesetzlichen Schranken hatte das Bundesgericht zu entscheiden (vgl. zum Ganzen E. 1.2.1).
Im ersten Rückweisungsentscheid hielt das Bundesgericht fest, es habe im Regressverhältnis eine interne Haftungsaufteilung zwischen den beiden Haftpflichtigen (Arbeitgebergesellschaft und Gaswerk) stattzufinden, wie wenn das Sonderrecht des ATSG nicht spielen würde. Die sich ergebende Haftungsquote müsse der subrogierende Versicherer definitiv tragen. Die Haftungsaufteilung richte sich bei einer Haftung gestützt auf das Rohrleitungsgesetz nach den Bestimmungen des Obligationenrechts, weshalb Art. 51 OR anzuwenden sei. An diesen Grundsätzen hielt das Bundesgericht ausdrücklich fest (E. 4).
Das Bundesgericht verwarf sodann die Ansicht der Vorinstanz, wonach gemäss Art. 51 Abs. 2 OR die Arbeitgeberin an zweiter Stelle und das Gaswerk erst an dritter Stelle hafte, weshalb die Haftungsquote des Gaswerks 0% betrage. Diese Stufenfolge werde gemäss Bundesgericht einer Haftung in Verbindung mit Art. 34 RLG nicht gerecht (E. 5). Das Bundesgericht erwog, bereits der Wortlaut von Art. 51 Abs. 2 OR mache deutlich, dass nur eine Regelbestimmung bestehe, von der im Einzelfall abgewichen werden könne und müsse (E. 5.1 und E. 5.3). Das Gericht wies auf seine diesbezügliche Praxisänderung hin (E. 5.2; vgl. den Swissblawg-Beitrag zum Urteil 4A_602/2017 vom 7. Mai 2018).
Zu berücksichtigen sei jeweils, welchen Zweck der Gesetzgeber im Rohrleitungsgesetz verfolgt habe (E. 5.3 i.f.). Bei Ölleitungen bestehe die spezifische Gefahr einer Gewässerverunreinigung. Bei Gasleitungen bestehe die spezifische Gefahr darin, dass austretendes Gas mit der Umgebungsluft ein explosives Gemisch bilde. Bei längeren Pipelines müsse statistisch alle drei Jahre mit einem Leck gerechnet werden. Der Gesetzgeber habe beim Erlass des RLG derartige, im Betrieb der Anlage immanente Risiken vor Augen gehabt. Dabei habe er den Grundsatz beachtet, wer den Nutzen habe, solle den Schaden tragen. Gemäss diesem Grundsatz hafte der Inhaber der Rohrleitungsanlage, wenn der Dritte, welcher den Schaden schuldhaft verursacht habe, nicht ausfindig gemacht werden könne (vgl. zum Ganzen E. 5.3.1 und 5.3.2).
Mit Bezug auf den konkreten Fall hielt das Bundesgericht fest, verwirkliche sich das spezifische Risiko einer Rohrleitungsanlage durch schuldhaftes Verhalten des Anlageninhabers, bleibe es bei der Stufenfolge von Art. 51 Abs. 2 OR, was zur Haftung der Betreiberin einer Rohrleitungsanlage führt (E. 5.4.1). Sei dagegen ein Drittverschulden gegeben, liege regelmässig ein Fall vor, bei dem von der Rohrleitungsanlage keine wesentliche Gefahr ausgegangen wäre, wenn sich der Dritte sorgfältig oder vertragsgemäss verhalten hätte (E. 5.4.2).
Im vorliegenden Fall sei ein Leck in der Anlage aufgetreten, was eine typische Betriebsgefahr darstelle. Konkret habe sich das Gas aber nur entzündet, weil der Geschädigte geraucht habe und seine Arbeitgeberin das Rauchverbot nicht durchgesetzt habe (E. 5.5.1). Die typische Betriebsgefahr der Gasleitungen habe sich zwar unabhängig von der Vertragsverletzung (Rauchen) manifestiert, doch sei die Verwirklichung der Gefahr (Entzünden des Luft-Gasgemischs) durch das vertragswidrige Verhalten (Rauchen) ausgelöst worden. Einem solchen Zusammenspiel von Ursachen trage Art. 51 Abs. 2 OR keine Rechnung, weshalb von der Stufenfolge abzuweichen sei (E. 5.5.2).
Zur Festlegung der Haftungsquote sei zu berücksichtigen, dass das Gaswerk die typische Betriebsgefahr (Auftreten eines explosiven Luft-Gasgemisches zufolge eines Lecks) zu verantworten habe. Andererseits müsse die Arbeitgebergesellschaft für hinreichende Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen (Durchsetzen des Rauchverbots). Die internen Haftungsquoten zwischen der Arbeitgebergesellschaft, die sich auf das Regressprivileg berufen könne, und dem Gaswerk seien daher bei je 50% festzulegen. Der Quotenanteil, den die Arbeitgeberin ohne Subrogation intern zu tragen hätte, müssten sich die SUVA, IV und AHV anrechnen lassen (E. 5.5.3 und 5.6).