4A_432/2019: Verrechnungseinrede im Vollstreckungsverfahren

B. arbeit­ete als Chief Finan­cial Offi­cer (CFO) für die A. AG. Nach der Kündi­gung seines Arbeitsver­hält­niss­es klagte er gegen die A. AG unter anderem auf Über­tra­gung von Par­tizipa­tion­ss­cheinen. Das Kreis­gericht St. Gallen verpflichtete darauf die A. AG, dem B. 6’291 Namen­par­tizipa­tion­ss­cheine der Gesellschaft zu Eigen­tum zu ver­schaf­fen, Zug um Zug gegen Bezahlung von CHF 32’209.90.

Nach unterblieben­er Über­gabe ersuchte B. beim Kreis­gericht St. Gallen um Voll­streck­ung. Die A. AG argu­men­tierte, der Anspruch des B. auf Über­tra­gung der Par­tizipa­tion­ss­cheine sei unterge­gan­gen, nach­dem sie eine Call Option aus­geübt und anschliessend ihren Über­tra­gungs-Anspruch mit dem­jeni­gen des B. ver­rech­net habe.

Der Einzel­richter des Kreis­gerichts St. Gallen schützte das Voll­streck­ungs­ge­such. Die Beschw­erde der A. AG wies das Kan­ton­s­gericht St. Gallen ab. Die von der A. AG dage­gen erhobene Beschw­erde wies das Bun­des­gericht eben­falls ab, soweit es darauf ein­trat (Urteil 4A_432/2019 vom 13. Dezem­ber 2019).

Die Beschw­erde­führerin kri­tisierte vor Bun­des­gericht ins­beson­dere die Nicht­berück­sich­ti­gung ihrer Ver­rech­nung­seinrede (E. 3). Das Bun­des­gericht führte dazu aus, im Voll­streck­ungsver­fahren kön­nten nur insofern materiell­rechtliche Ein­wen­dun­gen erhoben wer­den, als diese auf echt­en Noven beruhen wür­den (Art. 341 Abs. 3 ZPO). Über heik­le materielle Fra­gen bzw. über Ermessens­fra­gen sei nicht im sum­marischen Voll­streck­ungsver­fahren zu befind­en. Eine solche Frage liege ins­beson­dere vor, wenn der Urteilss­chuld­ner ver­rech­nungsweise eine Schul­dan­erken­nung ent­ge­gen­halte, die bestrit­ten sei und nicht unmit­tel­bar durch Urkun­den bewiesen wer­den könne (zum Ganzen E. 3.3.2).

Im vor­liegen­den Fall set­zte eine allfäl­lige Ver­rech­nung voraus, dass zunächst der Anspruch aus der Call Option entste­ht. Die Höhe des Ausübung­spreis­es war indessen zwis­chen den Parteien umstrit­ten. Gemäss Bun­des­gericht ist es nicht Sache des Voll­streck­ungs­gerichts, über die bestrit­tene Höhe des Ausübung­spreis­es ein­er (unbe­strit­te­nen) Kau­fop­tion zu entschei­den. Die zur Voll­streck­ung gebrachte Leis­tung kon­nte deshalb nicht als getil­gt betra­chtet wer­den. Inwiefern die Call Option bere­its während des Erken­nt­nisver­fahrens hätte aus­geübt wer­den kön­nen, musste das Bun­des­gericht nicht mehr unter­suchen (zum Ganzen E. 3.3.3).