BR: Verordnung über insolvenzrechtliche Massnahmen zur Bewältigung der Coronakrise

Gemäss ein­er Medi­en­mit­teilung des Bun­desrates will des Bun­desrat mit geziel­ten Mass­nah­men coro­n­abe­d­ingte Konkurse und den damit ver­bun­de­nen Ver­lust von Arbeit­splätzen ver­hin­dern, und hat daher an sein­er Sitzung vom 16. April 2020 die Verord­nung über insol­ven­zrechtliche Mass­nah­men zur Bewäl­ti­gung der Coro­n­akrise (COVID-19-Verord­nung Insol­ven­zrecht) ver­ab­schiedet.

Die Verord­nung sieht u.a. eine vorüberge­hende Ent­las­tung von der Pflicht zur Über­schul­dungsanzeige vor; Art. 1 (Anzeigepflicht­en) lautet:

1 In Abwe­ichung von Artikel 725 Absatz 2 [OR] kann der Ver­wal­tungsrat auf die Benachrich­ti­gung des Gerichts verzicht­en, wenn die Gesellschaft am 31. Dezem­ber 2019 nicht über­schuldet war und wenn Aus­sicht beste­ht, dass die Über­schul­dung bis am 31. Dezem­ber 2020 behoben wer­den kann.
2 Der Ver­wal­tungsrat muss seinen Entscheid schriftlich begrün­den und dokumentieren.
3 In Abwe­ichung von Artikel 725 Absatz 2 OR kann die Prü­fung der Zwis­chen­bi­lanz unterbleiben.
4 In Abwe­ichung von den Artikeln 728c Absatz 3 und 729c OR ist die Revi­sion­sstelle von der Pflicht befre­it, das Gericht zu benachrichti­gen, wenn der Ver­wal­tungsrat gestützt auf Absatz 1 auf die Anzeige verzicht­en darf.

Diese Bes­tim­mungen gel­ten sin­ngemäss auch für andere Rechts­for­men, die ein­er geset­zlichen Anzeigepflicht bei Kap­i­talver­lust und bei Über­schul­dung unter­ste­hen (Art. 2).

Fern­er wurde die Möglichkeit ein­er befris­teten COVID-19-Stun­dung ins­beson­dere für KMU geschaf­fen; Art. 6 sieht vor:

1 Jede Schuld­ner­in und jed­er Schuld­ner in der Rechts­form der Einzelun­ternehmung, der Per­so­n­enge­sellschaft oder ein­er juris­tis­chen Per­son kann beim Nach­lass­gericht eine Stun­dung von höch­stens drei Monat­en beantra­gen (COVID-19-Stun­dung), wenn sie oder er am 31. Dezem­ber 2019 nicht über­schuldet war oder Ran­grück­tritte im Sinne von Artikel 725 Abs. 2 OR im vollem Umfang der Über­schul­dung vorliegen.
2 Die COVID-19-Stun­dung ste­ht fol­gen­den juris­tis­chen Per­so­n­en nicht offen:
a. Pub­likums­ge­sellschaften im Sinn von Artikel 727 Absatz 1 Zif­fer 1 OR;
b. Gesellschaften, die im Jahr 2019 zwei der Grössen nach Artikel 727 Absatz 1 Zif­fer 2 OR über­schrit­ten haben.
3 Die Schuld­ner­in oder der Schuld­ner hat mit dem Gesuch ihre oder seine Ver­mö­genslage glaub­haft darzu­tun und so gut wie möglich zu belegen.
4 Das Nach­lass­gericht entschei­det unverzüglich über die Stun­dung und trifft die erforder­lichen Massnahmen.

Die COVID-19-Stun­dung kann auf Gesuch ein­ma­lig um höch­stens weit­ere drei Monate ver­längert wer­den (Art. 7 Abs. 1).

Die ein­schlägige Verord­nung tritt am 20. April 2020 in Kraft und gilt grund­sät­zlich für die Dauer von sechs Monat­en ab Inkrafttreten.

Die Verord­nung kann hier abgerufen werden.

Fern­er hat der Bun­desrat am 16. April 2020 in ein­er weit­eren Verord­nung (COVID-19-Verord­nung Jus­tiz und Ver­fahren­srecht) präzisiert, unter welchen Umstän­den ein Gericht in Zivil­ver­fahren den Ein­satz von Video- und Tele­fonkon­feren­zen anord­nen oder an Stelle ein­er mündlichen Ver­hand­lung ein schriftlich­es Ver­fahren durch­führen kann.

Auch für die Zustel­lung von Betrei­bung­surkun­den gel­ten vorüberge­hend erle­ichterte Bedin­gun­gen (Art. 7): so ist in gewis­sen Fällen die Zustel­lung auch ohne Emp­fangs­bestä­ti­gung gültig, sofern ein Zustell­nach­weis erbracht wird (z. B. mit­tels “A‑Post-Plus”). Zudem kann die Ver­w­er­tung von beweglichen Ver­mö­gensstück­en neu auch durch eine Ver­steigerung über eine öffentlich zugängliche Online-Plat­tfor­men erfol­gen. Die Modal­itäten der Online-Ver­steigerung wer­den vom Betrei­bungs­beamten so fest­gelegt, dass die Inter­essen der Beteiligten best­mögliche Berück­sich­ti­gung find­en (Art. 9).

Die ein­schlägige Verord­nung kann hier abgerufen werden.

Weit­er­führende Infor­ma­tio­nen find­en sich hier.