5A_366/2019: zweiter Schriftenwechsel und Aktenschluss im summarischen Verfahren (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den, zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil äusserte sich das Bun­des­gericht zur Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung, bis wann im sum­marischen Ver­fahren unbeschränkt Noven vorge­bracht wer­den kön­nen, d.h. wann der Akten­schluss eintritt.

Dem Urteil lag im Kern fol­gen­der Sachver­halt zugrunde: In einem Ver­fahren betr­e­f­fend defin­i­tive Recht­söff­nung hat­te die Gläu­bigerin (Beschw­erdegeg­ner­in) gewisse Tat­sachen zum Nach­weis der Pas­sivle­git­i­ma­tion des Betriebe­nen bzw. des Recht­söff­nungs­ge­suchs­geg­n­ers (Beschw­erde­führer) erst in ein­er zweit­en Rechtss­chrift vorge­bracht. Umstrit­ten war in der Folge, ob die Beschw­erdegeg­ner­in die Tat­sachen zum Nach­weis der Pas­sivle­git­i­ma­tion rechtzeit­ig behauptet und belegt habe (E. 2.), bzw. wann im sum­marischen Ver­fahren der Akten­schluss ein­tritt.

Zum Akten­schluss erwog das Bun­des­gericht u.a. Fol­gen­des (E. 3.1.):

  • Im ordentlichen Ver­fahren haben die Parteien zweimal die Möglichkeit, sich unbeschränkt zu äussern, danach gilt Art. 229 Abs. 1 ZPO. Dies gilt sin­ngemäss auch für das vere­in­fachte Ver­fahren.
  • Im sum­marischen Ver­fahren dür­fen sich die Parteien nicht darauf ver­lassen, dass das Gericht nach ein­ma­liger Anhörung einen zweit­en Schriften­wech­sel oder eine mündliche Hauptver­hand­lung anord­net. Es beste­ht kein Anspruch darauf, sich zweimal zur Sache zu äussern; grund­sät­zlich tritt der Akten­schluss nach ein­ma­liger Äusserung ein.
  • Auch wenn im Sum­mar­ver­fahren grund­sät­zlich nur ein Schriften­wech­sel stat­tfind­et, schliesse das nicht aus, dass — wo erforder­lich — mit der gebote­nen Zurück­hal­tung ein zweit­er Schriften­wech­sel ange­ord­net wer­den könne. Wann der Akten­schluss im Sum­mar­ver­fahren ein­tritt, wenn eine Ver­hand­lung stat­tfind­et oder aus­nahm­sweise ein zweit­er Schriften­wech­sel ange­ord­net wird, habe das Bun­des­gericht in BGE 144 III 117 offen gelassen, sich aber bere­its dafür aus­ge­sprochen, in einem zweit­en Schriften­wech­sel unbeschränkt Noven zuzu­lassen, wom­it der Akten­schluss dies­falls erst nach dem zweit­en Schriften­wech­sel eintrete.
  • Trotz teil­weis­er Kri­tik sei die damals vorge­spurte Lösung nun­mehr zu bestäti­gen: Die zweima­lige unbeschränk­te Äusserungsmöglichkeit sei ins­beson­dere deshalb gerecht­fer­tigt, weil eine mündliche Ver­hand­lung oder ein zweit­er Schriften­wech­sel in erster Lin­ie zur Klärung des Sachver­halts diene und sich in einem solchen Fall Noven ger­adezu auf­drän­gen würden.
  • Der Nachteil, dass zu Beginn des Ver­fahrens nicht klar sei, wann der Akten­schluss ein­tritt, führe nicht zu ein­er unzu­mut­baren Unsicher­heit, weil die Parteien nicht mit ein­er zweit­en unbeschränk­ten Äusserungsmöglichkeit rech­nen dürften, und es überdies im Inter­esse des Gesuch­stellers liege, wenn ihm diese Möglichkeit aus­nahm­sweise gewährt werde.
  • Nach einem zweit­en Schriften­wech­sel (oder nach der unbeschränk­ten Äusserungsmöglichkeit an der Ver­hand­lung) trete dieselbe Sit­u­a­tion ein, wie sie im Nor­mal­fall bere­its nach ein­ma­ligem Schriften­wech­sel ein­treten würde, d.h. echte und unechte Noven dür­fen nur noch unter den Voraus­set­zun­gen von Art. 229 Abs. 1 ZPO einge­bracht werden.

Fern­er (E. 3.2.) hat­te das Bun­des­gericht zu prüfen, ob das erstin­stan­zliche Gericht vor­liegend über­haupt einen formellen zweit­en Schriften­wech­sel ange­ord­net hat­te (was unklar war). Auf­grund der Umstände war allerd­ings davon auszuge­hen, dass tat­säch­lich ein zweit­er Schriften­wech­sel ange­ord­net wor­den war (bzw. dass sich die Beschw­erdegeg­ner­in zumin­d­est darauf ver­lassen durfte, dass das Bezirks­gericht dies getan habe). Im Inter­esse der Rechtssicher­heit soll­ten die Gerichte allerd­ings ein­deutig angeben, ob sie einen zweit­en Schriften­wech­sel anord­nen, oder ob sie lediglich das Rep­likrecht gewähren; zudem müssen die Parteien gle­ich behan­delt wer­den.