5A_454/2020: Definitiver Rechtsöffnungstitel über Volljährigenunterhalt

Im Urteil 5A_454/2020 vom 13.10.2021 hält das Bun­des­gericht fest, eine im Eheschutzver­fahren geschlossene Eltern­vere­in­barung über Volljähri­ge­nun­ter­halt ver­schaffe dem Kind einen defin­i­tiv­en Recht­söff­nungsti­tel, auch wenn es bei Ein­leitung des Ver­fahrens bere­its volljährig gewe­sen und der Volljähri­ge­nun­ter­halt damit gar nicht Prozess­ge­gen­stand sei. Das Ein­ver­ständ­nis des Kindes sei nicht erforderlich.

Im Einzel­nen erwägt das Bun­des­gericht, der Beschw­erde­führer sei bei Ein­leitung des Eheschutzver­fahrens, in dessen Rah­men seine Eltern die Vere­in­barung abgeschlossen haben, bere­its volljährig gewe­sen. Die Eltern seien daher nicht befugt gewe­sen, den Volljähri­ge­nun­ter­halt als Prozess­stand­schafter im Ver­fahren gel­tend zu machen. Ein gerichtlich­er Ver­gle­ich könne allerd­ings auch Sachver­halte mitein­beziehen, die nicht zum Stre­it­ge­gen­stand gehören. Die im gerichtlichen Ver­fahren geschlossene Eltern­vere­in­barung über den Volljähri­ge­nun­ter­halt könne dem volljähri­gen Kind daher einen defin­i­tiv­en Recht­söff­nungsti­tel ver­schaf­fen, auch wenn der Volljähri­ge­nun­ter­halt nicht zum Stre­it­ge­gen­stand des Eheschutzver­fahrens gehöre. Es han­dle sich um einen Ver­trag zugun­sten Drit­ter im Sinne von Art. 112 OR. Das Ein­ver­ständ­nis des Kindes sei nicht erforder­lich, weil es ihm offen­ste­he, durch Klage gegebe­nen­falls einen höheren Unter­halts­beitrag zu erwirken.

Im konkreten Fall weist das Bun­des­gericht das Recht­söff­nungs­ge­such gle­ich­wohl teil­weise ab, da die Eltern im Eheschutzver­fahren den Volljähri­ge­nun­terthalt lediglich “für die Dauer des Getren­ntlebens” vere­in­barten. Mit der Schei­dung trat eine Res­o­lu­tivbe­din­gung ein und der defin­i­tive Recht­söff­nungsti­tel fiel dahin.

Grund­sät­zlich ist es rechtlich kri­tisch, wenn sich Eltern über den Kopf des volljähri­gen Kindes hin­weg über den Volljähri­ge­nun­ter­halt eini­gen. Dies tang­iert dessen Anspruch auf rechtlich­es Gehör. Das Bun­des­gericht löst das Prob­lem allerd­ings ele­gant, indem es fes­thält, es ste­he dem Kind offen, durch Klage gegebe­nen­falls einen höheren Unter­halts­beitrag zu erwirken. Das Kind muss für seine Unter­halt­sklage somit anders als bei ein­er Abän­derungsklage nicht nach­weisen, dass sich die Ver­hält­nisse seit Abschluss der Eltern­vere­in­barung erhe­blich und dauer­haft verän­dert haben. Somit wird die Rechtsstel­lung des Kindes durch eine Eltern­vere­in­barung über den Volljähri­ge­nun­ter­halt nicht ver­schlechtert. Das Urteil ist aus Sicht der Prax­is zu begrüssen: Es erweit­ert für Parteien und Gerichte den Spiel­raum, kreative Ver­gle­ich­slö­sun­gen zu find­en, welche auch die Bedürfnisse eines bere­its volljähri­gen Kinds gebührend berücksichtigen.