4A_142/2023: Spitalzusatzversicherung nach VVG, Globalübernahme und Auslegung von BVB

Im Entscheid 4A_142/2023 vom 15. August 2023 hatte das Bundesgericht zu beurteilen, ob der Wechsel des Versicherten von einer Zusatzversicherung mit einem geschlossenen Bestand in eine andere Zusatzversicherung auf eine absichtliche Täuschung durch den Versicherer zurückzuführen war, was das Bundesgericht verneinte. Zudem setzte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinander, ob die Zusatzversicherungsbedingungen (ZVB) des Versicherers ungewöhnlich seien und verneinte dies. Ferner erwog das Bundesgericht, dass die in Frage stehende Bestimmung der ZVB eindeutig ist, weshalb kein Raum für die Anwendung von Art. 33 VVG besteht. Schliesslich verneinte das Bundesgericht ein erhebliches Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten des Versicherten, wenn das in Frage stehende Spital auf der Negativliste der ZVB aufgeführt ist und der Versicherer deshalb eine Vergütung der Leistung ganz ausschliesst, anstatt einseitig Maximaltarife festzulegen.

Dem Entscheid lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Der Ver­sicherte A ver­fügte bei der B AG (“Ver­sicher­er”) unter anderem über eine Spi­talzusatzver­sicherung nach dem VVG in Form der X halbpri­vate Spi­ta­l­abteilung (“Zusatzver­sicherung 1”). Per 1. Jan­u­ar 2019 wech­selte er in das Pro­dukt Y “Halbpri­vat” (“Zusatzver­sicherung 2”).
Am 19. Jan­u­ar 2021 ersuchte die Klinik C (“Klinik”) die B AG um Kostengut­sprache für einen sta­tionären Aufen­thalt des Ver­sicherten. Gle­ichen­tags teilte die B AG der Klinik mit, sie übernehme die Kosten für leis­tungspflichtige Behand­lun­gen, die medi­zinisch indiziert, zweck­mäs­sig und wirtschaftlich seien. Als Zusatz­in­for­ma­tion hielt sie fest, es beste­he für die Zusatzver­sicherung 2 kein Tar­ifver­trag betr­e­f­fend die Klinik. Daher gin­gen alle Mehrkosten ausser­halb der Leis­tun­gen der Grund­ver­sicherung zu Las­ten des Versicherten.

Mit Schreiben vom 21. Jan­u­ar 2021 teilte die B AG dem Ver­sicherten u.a. mit, sie führe gemäss Ziff. 3 ihrer Zusät­zlichen Ver­sicherungs­be­din­gun­gen (“ZVB”) eine Liste mit Spitälern und Belegärzten ohne Kos­ten­deck­ung. Die Klinik sei auf dieser Liste aufge­führt, da die Ver­sicherung keinen Tar­ifver­trag für die halbprivate/private Abteilung habe abschliessen kön­nen. Sie werde sich (einzig) aus der Grund­ver­sicherung an den Kosten für die all­ge­meine Abteilung beteili­gen. Für den Fall, dass der Ver­sicherte sich ohne Mehrkosten behan­deln lassen wolle, ver­wies sie ihn auf die Möglichkeit, sich in einem ihrer Ver­tragsspitäler behan­deln zu lassen.

In der Folge begab sich der Ver­sicherte in sta­tionäre Behand­lung in die Klinik, wofür ihm CHF 16’524.60 in Rech­nung gestellt wur­den. Daraufhin ersuchte er (bzw. die Klinik) den Ver­sicher­er erfol­g­los um Kostenübernahme.

Am 9. Juni 2021 erhob der Ver­sicherte Klage beim Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Thur­gau (Ver­sicherungs­gericht) und ver­langte, der Ver­sicher­er sei zu verpflicht­en, ihm CHF 16’524.60 neb­st Zins von 5 % seit 1. April 2021 zu bezahlen. Mit Entscheid vom 11. Jan­u­ar 2023 wies das Ver­wal­tungs­gericht die Klage ab, mit der Begrün­dung, dass die Klinik im Zeitraum des sta­tionären Aufen­thalts des Ver­sicherten auf der Neg­a­tivliste gemäss Ziff. 3.3 der ZVB fig­uri­ert habe, weshalb ihm der Ver­sicher­er gestützt auf Ziff. 3.1 und 3.2 der ZVB zu Recht keine Leis­tun­gen vergütet habe.

Dage­gen erhob der Ver­sicherte Beschw­erde beim Bun­des­gericht. Mit Urteil vom 15. August 2023 wies das Bun­des­gericht die Beschw­erde ab, soweit darauf einzutreten war.


Keine absichtliche Täuschung

Der Ver­sicherte rügte vor Bun­des­gericht, die Vorin­stanz habe zu Unrecht eine absichtliche Täuschung (Art. 28 OR) verneint. Er sei in Bezug auf den Wech­sel der Zusatzver­sicherung getäuscht wor­den, weshalb Ziff. 3 der ZVB für ihn nicht verbindlich sei (E. 5.2).

Die Vorin­stanz hat­te fest­ge­hal­ten, der Ver­sicher­er habe dem Ver­sicherten mit Schreiben vom 9. August 2018 mit­geteilt, der Zusatzver­sicherung 1 hät­ten in der let­zten Zeit zu wenig neue Ver­sicherte zuge­führt wer­den kön­nen, weshalb diese als “geschlossen­er Bestand” im Sinne von Art. 156 AVO qual­i­fiziert werde. Das Ver­sicherung­spro­dukt werde jedoch mit sämtlichen Leis­tun­gen weit­erge­führt. Bei einem geschlosse­nen Pro­dukt könne die Prämie langfristig stärk­er ansteigen als bei einem solchen mit offen­em Bestand. Aus diesem Grund habe er das Recht, frei­willig in ein möglichst gle­ich­w­er­tiges Ver­sicherung­spro­dukt mit offen­em Bestand zu wech­seln. Das neue Ver­sicherung­spro­dukt (die Zusatzver­sicherung 2) garantiere einen ver­gle­ich­baren Ver­sicherungss­chutz. Der Ver­sicherte sei darauf hingewiesen wor­den, dass im Falle eines Wech­sels die ZVB 2018 gäl­ten. Zudem sei ihm ein tabel­lar­isch­er Ver­gle­ich der bei­den Zusatzver­sicherun­gen unter­bre­it­et wor­den. Diesem hät­ten die jew­eili­gen Leis­tun­gen ent­nom­men wer­den kön­nen, wobei die abwe­ichen­den Kon­di­tio­nen grau hin­ter­legt wor­den seien. Bei der grau hin­ter­legten Leis­tung “[f]reie Spi­tal­wahl” sei in der Fuss­note 2b erläutert wor­den, dass dies allein bei den vom Ver­sicher­er anerkan­nten Spitälern der Fall sei, wobei sich die Liste der Spitäler ohne Kos­ten­deck­ung unter “B________.ch/tarifverhandlungen” find­en lasse. Die Weit­er­führung sämtlich­er Leis­tun­gen seien ohne Änderun­gen nicht garantiert wor­den. Für den Fall, dass er unverän­derte Leis­tun­gen gewün­scht hätte, sei dem Ver­sicherten aufgezeigt wor­den, dass seine bish­erige Ver­sicherung (mit geschlossen­em Bestand) weit­erge­führt werde und er diese beibehal­ten könne. Es sei somit klar gewe­sen, dass ein Wech­sel auch mit ein­er Änderung der Leis­tun­gen ver­bun­den sei. Dies habe er bere­its aus dem Umstand schliessen müssen, dass er eine Prämien­rück­zahlung erhal­ten habe und die Prämie für die Zusatzver­sicherung 2 tiefer gewe­sen sei. Zudem ergäben sich die Unter­schiede deut­lich aus dem tabel­lar­ischen Ver­gle­ich der bei­den Zusatzver­sicherun­gen. Er sei denn auch darauf aufmerk­sam gemacht wor­den, dass es sich um ein “möglichst gle­ich­w­er­tiges” Pro­dukt mit offen­em Bestand han­dle, das einen “ver­gle­ich­baren Ver­sicherungss­chutz” garantiere. Von Unverän­der­lichkeit sei nicht die Rede gewe­sen. der Ver­sicherte habe dem Wech­sel (per 1. Jan­u­ar 2019) vor diesem Hin­ter­grund am 21. August 2018 zuges­timmt. Ein täuschen­des Ver­hal­ten des Ver­sicher­ers sei nicht ersichtlich (E. 5.2.2).

Die vom Ver­sicherten dage­gen erhobe­nen Ein­wände, wies das Bun­des­gericht zurück, mit der Begrün­dung, der Ver­sicherte ver­möge nicht darzu­tun, dass die Vorin­stanz in Willkür ver­fall­en wäre, indem sie erwog, die Unter­schiede ergäben sich deut­lich aus dem tabel­lar­ischen Ver­gle­ich der bei­den Zusatzver­sicherun­gen, da die abwe­ichen­den Kon­di­tio­nen grau hin­ter­legt wur­den; der Ver­sicherte musste davon aus­ge­hen, dass betr­e­f­fend den Umfang der freien Spi­tal­wahl Unter­schiede zwis­chen dem alten und dem neuen Ver­sicherung­spro­dukt beste­hen. In sein­er Klage hat­te der Ver­sicherte selb­st gel­tend gemacht, es sei ihm bewusst gewe­sen, dass auch unter der Zusatzver­sicherung 1 keine abso­lut freie Spi­tal­wahl bestanden habe, son­dern sich diese auf “anerkan­nte Spitäler” beschränkt habe, was der Fuss­note 2a des tabel­lar­ischen Ver­gle­ichs entspricht. Für das Bun­des­gericht war auch nicht ersichtlich, dass die Vorin­stanz in Willkür ver­fall­en wäre, wenn sie die tief­ere Prämie ergänzend als einen weit­eren Aspekt dafür berück­sichtigte, dass der Ver­sicherte nicht von ein­er Weit­er­führung sämtlich­er Leis­tun­gen ohne irgendwelche Änderun­gen habe aus­ge­hen dür­fen. Für das Bun­des­gericht mag zwar zutr­e­f­fen, dass die von der Vorin­stanz eben­falls berück­sichtigte Prämien­rück­zahlung vielmehr dem Umstand geschuldet gewe­sen sein soll, dass der Ver­sicherte eigentlich bere­its per Anfang 2018 das Recht gehabt hätte, in ein möglichst gle­ich­w­er­tiges Ver­sicherung­spro­dukt zu wech­seln, ein solch­es damals aber nicht ange­boten wer­den kon­nte. Gemäss Bun­des­gericht ändert dies aber für sich allein nichts an der zutr­e­f­fend­en vorin­stan­zlichen Fest­stel­lung, dass ihm habe klar sein müssen, dass ein Wech­sel des Ver­sicherung­spro­duk­ts auch mit ein­er Änderung der Leis­tung ver­bun­den sein würde (E. 5.2.3).


Wort­laut von Ziff. 3 ZVB:

Gemäss Ziff. 8.1 AVB (2021) gel­ten als anerkan­nte Leis­tungser­brin­gende diejeni­gen Per­so­n­en und Ein­rich­tun­gen, die in der oblig­a­torischen Krankenpflegev­er­sicherung als solche anerkan­nt sind. Abwe­ichun­gen von Ziff. 8.1 AVB sind in den ZVB geregelt (Ziff. 8.2 AVB).

Ziff. 3 der ZVB (2018) (“Anerkan­nte Leis­tungser­bringer”) lautet wie folgt:

3.1 Aus der Y “Halbpri­vat” oder Z “Pri­vat” wer­den die Aufen­thalts- und Behand­lungskosten in Spitälern über­nom­men, die die fol­gen­den Voraus­set­zun­gen kumu­la­tiv erfüllen (anerkan­nte Spitäler) 
- Spitäler, die mit dem entsprechen­den Leis­tungsauf­trag auf den kan­tonalen Pla­nungs- und Spi­tallis­ten gemäss Art. 39 KVG aufge­führt sind (Lis­ten­spitäler) oder mit denen B einen Ver­trag nach Art. 49a Abs. 4 KVG für den entsprechen­den Leis­tungs­bere­ich abgeschlossen hat (KVG Ver­tragsspitäler) und 
- Spitäler, mit denen B einen Tar­ifver­trag für die halbpri­vate oder die pri­vate Abteilung für das gesamte Leis­tungsange­bot oder für einzelne Fach­bere­iche des Spi­tals abgeschlossen hat. 

3.2 Bei Spitälern, die zum Zeit­punkt des Aufen­thaltes respek­tive der Behand­lung die Bedin­gun­gen gemäss Ziff. 3.1 nicht erfüllen, beste­ht kein Anspruch auf Kostenübernahme. 

3.3 B führt jew­eils eine Liste mit: 

- KVG-Ver­tragsspitälern, welche über die anerkan­nten Leis­tungs­bere­iche Auskun­ft gibt (Pos­i­tivliste), sowie 
- Spitälern, mit denen B keinen Tar­ifver­trag für die halbpri­vate oder die pri­vate Abteilung für das gesamte Leis­tungsange­bot oder für einzelne Fach­bere­iche des Spi­tals abgeschlossen hat (Neg­a­tivliste).

Die Lis­ten wer­den laufend angepasst und kön­nen in der jew­eils aktuellen Fas­sung auf der Home­page von B einge­se­hen oder bei B ver­langt werden. 

3.4 […]”


Ziff. 3.2 i.V.m. Ziff. 3.1 ZVB ist nicht ungewöhnlich

In der Folge set­zte sich das Bun­des­gericht mit der Rüge des Ver­sicherten auseinan­der, dass die rel­e­vante Bes­tim­mung der ZVB ungewöhn­lich sei und rief seine Recht­sprechung zur Glob­alüber­nahme und zur sub­jek­tiv­en und objek­tiv­en Ungewöhn­lichkeit (vgl. u.a. BGE 148 III 57 und den swiss­blawg-Beitrag vom 28. Jan­u­ar 2022) in Erin­nerung (E. 5.3.1.1‑E. 5.3.1.4).

Die Vorin­stanz hat­te erwogen, die ver­traglichen Regelun­gen mit den Leis­tungser­bringern und die dabei erstell­ten Spi­tallis­ten wür­den nicht Gegen­stand des Ver­trags zwis­chen dem Ver­sicherten und dem Ver­sicher­er bilden. Im Bere­ich der Spi­talzusatzver­sicherung entspreche es der gelebten Real­ität, dass sich Ver­sicher­er die Nich­tan­erken­nung von Spitälern und damit ein­herge­hend die Ver­weigerung der Ver­sicherungsleis­tun­gen im Bere­ich der über­ob­lig­a­torischen Tar­ife vor­be­hiel­ten und auch vor­be­hal­ten dürften. Grund­sät­zlich müsse mit einem solchen Vor­be­halt gerech­net wer­den, wenn er hin­re­ichend klar vor Ver­tragss­chluss mit­geteilt werde. Die Ver­sicher­er soll­ten nöti­gen­falls die Verträge mit den Leis­tungser­bringern anpassen oder neu abschliessen kön­nen, um dem Kri­teri­um der Wirtschaftlichkeit Rech­nung zu tra­gen. Vor diesem Hin­ter­grund erweise sich die Regelung in den ZVB nicht als objek­tiv ungewöhnlich.
Zudem sei dem Ver­sicherten im Rah­men des offerierten Wech­sels der Zusatzver­sicherung dargelegt wor­den, was unter freier Spi­tal­wahl zu ver­ste­hen sei. Es sei im tabel­lar­ischen Ver­gle­ich ken­ntlich gemacht wor­den, dass betr­e­f­fend die freie Spi­tal­wahl zwis­chen der Zusatzver­sicherung 1 und 2 Unter­schiede bestün­den, die sich aus den Fuss­noten 2a und 2b des tabel­lar­ischen Ver­gle­ichs ergäben. Damit fehle es auch an der sub­jek­tiv­en Ungewöhn­lichkeit (E. 5.3.2).

Dage­gen wen­dete der Verischerte ein, die besagte Regelung in den ZVB dürfe nur als üblich erachtet wer­den, wenn ein konkreter Nach­weis vor­liege, dass eine Vielzahl von Ver­sicher­ern in der Schweiz in ihren Ver­sicherungs­be­din­gun­gen eine Kostenüber­nahme für die Zusatzver­sicherung vol­lum­fänglich auss­chliessen wür­den, falls kein Tar­ifver­trag beste­he. Einen solchen Nach­weis habe der Ver­sicherte nicht erbracht (E. 5.3.3). Das Bun­des­gericht wies diese Ein­wände zurück, mit der Begrün­dung, dass es nicht zwin­gend voraus­ge­set­zt ist, dass eine Vielzahl der Ver­sicher­er in der Schweiz eine entsprechende Bes­tim­mung in ihren Ver­sicherungs­be­din­gun­gen vorsähen. Vielmehr ist — so das Bun­des­gericht — entschei­dend, ob Ziff. 3.2 i.V.m. Ziff. 3.1 der ZVB einen geschäfts­frem­den Inhalt aufweist, wobei die Vorin­stanz sich aus­führlich mit dieser Frage auseinan­derge­set­zt hat und einen geschäfts­frem­den Inhalt verneint hat (E. 5.3.3):

Der Ver­sicherte zeigt jedoch u.a. nicht auf, dass die betr­e­f­fend­en Bes­tim­mungen in den ZVB einen Inhalt aufwiesen, der zu ein­er wesentlichen Änderung des Ver­tragscharak­ters führt. Die Regelung ist ins­beson­dere nicht bere­its deshalb als ungewöhn­lich zu qual­i­fizieren, weil sie — anders als diejenige, die dem Urteil 4A_578/2019 vom 16. April 2020 zugrunde lag — bei fehlen­dem Tar­ifver­trag nicht bloss eine Kostenüber­nahme im Rah­men von ein­seit­ig fest­gelegten Max­i­mal­tar­ifen vor­sieht. Allein die Kon­se­quenz, dass die Kos­ten­deck­ung betr­e­f­fend die halbpri­vate und pri­vate Abteilung ganz aus­geschlossen wird, ver­mag keine objek­tive Ungewöhn­lichkeit ein­er Bes­tim­mung zu begrün­den, die in der Spi­talzusatzver­sicherung die Leis­tungspflicht an eine Tar­if­bindung knüpft.
Im Übri­gen fehlt es auch an der sub­jek­tiv­en Ungewöhn­lichkeit, da der Beschw­erde­führer im tabel­lar­ischen Ver­gle­ich auf die (weit­erge­hende) Ein­schränkung der freien Spi­tal­wahl aufmerk­sam gemacht wor­den ist. (…)”


Keine Unklarheit (keine Anwen­dung von Art. 33 VVG)

Schliesslich erwog das Bun­des­gericht mit Ver­weis auf seine Recht­sprechung (E. 5.4.1), dass der Ver­sicherte keine Unklarheit bei der rel­e­van­ten Bes­tim­mung der ZVB darzu­tun ver­mochte, weshalb  für die Anwen­dung von Art. 33 VVG kein Raum beste­ht (E. 5.4.2):

Der Beschw­erde­führer ver­mag keine Unklarheit darzu­tun. Aus Ziff. 3.1 der ZVB ergibt sich expliz­it, dass Spitäler kumu­la­tiv zwei Voraus­set­zun­gen erfüllen müssen, um als anerkan­ntes Spi­tal zu qual­i­fizieren. Es muss sich ein­er­seits um ein Lis­ten­spi­tal oder alter­na­tiv um ein KVG-Ver­tragsspi­tal han­deln (erster Spiegel­strich) und die Beschw­erdegeg­ner­in muss ander­er­seits mit dem Spi­tal einen Tar­ifver­trag für die halbpri­vate oder pri­vate Abteilung abgeschlossen haben (zweit­er Spiegel­strich). Dem Beschw­erde­führer ist nicht zu fol­gen, wenn er gel­tend macht, erst nach ver­tieftem Studi­um erschliesse sich einem Juris­ten, dass es sich bei der Aufzäh­lung unter dem zweit­en Spiegel­strich nicht um eine sep­a­rate, dritte Kat­e­gorie von Spitälern, son­dern um eine zusät­zliche Voraus­set­zung (Abschluss eines Tar­ifver­trags) han­dle. Ziff. 3.1 der ZVB ist auch für einen Laien ver­ständlich. Ein­lei­t­end wird aus­ge­führt, es “[…] wer­den die Aufen­thalts- und Behand­lungskosten in Spitälern über­nom­men, die die fol­gen­den Voraus­set­zun­gen kumu­la­tiv erfüllen”, anschliessend wer­den in zwei Spiegel­strichen zwei Voraus­set­zun­gen genan­nt, die kumu­la­tiv erfüllt sein müssen. Ziff. 3.2 der ZVB hält anschliessend fest, dass bei Spitälern, die die Bedin­gun­gen (Plur­al) gemäss Ziff. 3.1 nicht erfüll­ten, kein Anspruch auf Kostenüber­nahme beste­ht. Zusam­men­fassend bleibt für die Anwen­dung der Unklarheit­sregel bzw. Art. 33 VVG kein Raum.”


Keine Ver­let­zung von Art. 8 UWG

Schliesslich verneinte das Bun­des­gericht eine Ver­let­zung von Art. 8 UWG, da der Ver­sicherte kein erhe­blich­es Missver­hält­nis zwis­chen seinen ver­traglichen Recht­en und Pflicht­en darzu­tun ver­mochte und bestätigte, dass kein Missver­hält­nis beste­ht, wenn der Ver­sicher­er bei Spitälern, die auf der Neg­a­tivliste aufge­führt sind, über­haupt keine Leis­tun­gen aus der Spi­talzusatzver­sicherung vergütet, anstatt ein­seit­ig Max­i­mal­tar­ife festzule­gen. Das Bun­des­gericht schützte dabei die Auf­fas­sung der Vorin­stanz (E. 5.5.3):

(…) Es ist aber nicht zu bean­standen, wenn die Vorin­stanz in diesem Zusam­men­hang namentlich betra­chtet, wie viele Kliniken sich schweizweit auf der Neg­a­tivliste befind­en und aus­ge­hend davon ein erhe­blich­es Missver­hält­nis zwis­chen den ver­traglichen Recht­en und Pflicht­en zulas­ten des Beschw­erde­führers verneint. Die Beschw­erdegeg­ner­in macht zutr­e­f­fend gel­tend, ihr wäre in den Tar­ifver­hand­lun­gen mit den Spitälern die Hände gebun­den, wenn sie let­ztlich mit allen Spitälern einen Tar­ifver­trag abschliessen müsste, was sich neg­a­tiv auf die Höhe der Prämien auswirken würde. Ein Miss­brauch des Gestal­tungsrechts der Beschw­erdegeg­ner­in ist nicht ersichtlich.”


NB: In einem anderen Fall (BGer 4A_124/2023 vom 22. Juni 2023) bejahte das Bun­des­gericht die Unklarheit der ZVB des Versicherungsunternehmens

In einem kurz zuvor veröf­fentlicht­en Entscheid 4A_124/2023 vom 22. Juni 2023 bejahte das Bun­des­gericht die Unklarheit der ZVB i.Z.m. den AVB des Ver­sicherung­sun­ternehmens (E. 3.5.1–3.5.6 sowie E. 3.6 und 3.7) bezüglich mit der Frage der Vergü­tung der Kosten bei einem Aufen­thalt in ein­er Klinik, die zwar in der Liste der anerkan­nten Leis­tungser­bringer aufge­führt war, aber keinen neuen Tar­ifver­trag mit dem Ver­sicher­er abgeschlossen hat­te (E. 3.7):

Zusam­men­fassend ergibt sich aus den Ver­sicherungs­be­din­gun­gen der Beschw­erdegeg­ner­in nicht hin­re­ichend klar, dass diese befugt ist, bei Lis­ten­spitälern im Sinne von Ziff. 8.1 AVB, mit denen für die halbpri­vate Abteilung kein Tar­ifver­trag beste­ht bzw. deren Tar­ife sie nicht anerken­nt, ein­seit­ig Max­i­mal­tar­ife festzule­gen. Nach dem Gesagten kann offen­bleiben, unter welchen Voraus­set­zun­gen sich die Ver­sicherung im Sinne eines ver­traglich eingeräumten ein­seit­i­gen Gestal­tungsrechts die Möglichkeit vor­be­hal­ten kann, Spitäler mit über­höht­en Tar­ifen von der Ver­sicherungs­deck­ung auszuschliessen oder deren Tar­ife nur bis zu ein­er bes­timmten Höhe anzuerkennen (…).”

Die ein­schlägi­gen Bes­tim­mungen der AVB und ZVB lauteten wie fol­gt (E. 3.1):

Die auf die Spi­talzusatzver­sicherung unbe­strit­ten anwend­baren All­ge­meinen Ver­sicherungs­be­din­gun­gen 2021 (AVB) enthal­ten unter anderem nach­fol­gende (von der Vorin­stanz wiedergegebe­nen) Bestimmungen.

Ziff. 8 Anerkan­nte Leistungserbringer 
8.1 Als anerkan­nte Leis­tungser­bringer gel­ten diejeni­gen Per­so­n­en und Ein­rich­tun­gen, die in der oblig­a­torischen Krankenpflegev­er­sicherung als solche anerkan­nt sind. 
8.2 Abwe­ichun­gen von Ziff. 8.1 [AVB] sind in den ZVB geregelt. 

Ziff. 27 Honorarvereinbarungen 
Hon­o­rarvere­in­barun­gen zwis­chen Rech­nungssteller und ver­sicherten Per­so­n­en sind für B.________ nicht verbindlich. Ein Leis­tungsanspruch beste­ht nur im Rah­men des von B.________ für den betr­e­f­fend­en Leis­tungser­bringer anerkan­nten Tarifs.

Die eben­falls unbe­strit­ten­er­massen anwend­baren zusät­zlichen Ver­sicherungs­be­din­gun­gen 2014 (ZVB) enthal­ten unter anderem die nach­fol­gen­den (von der Vorin­stanz wiedergegebe­nen) Bestimmungen:
Ziff. 3.1:
Aus der Y.________ [All­ge­mein­abteilung] wer­den die Aufen­thalts- und Behand­lungskosten in den­jeni­gen Spitälern über­nom­men, welche die Voraus­set­zun­gen nach Ziff. 8.1 der […] (AVB) erfüllen. Bei Spitälern, welche nicht auf den kan­tonalen Pla­nungs- und Spi­tallis­ten nach Art. 39 KVG aufge­führt sind (Lis­ten­spi­tal), beste­ht in Konkretisierung dieses Grund­satzes nur dann ein Anspruch auf Leis­tun­gen aus der vor­liegen­den Ver­sicherung, sofern der Ver­sicher­er mit dem betr­e­f­fend­en Spi­tal einen KVG-Ver­trag abgeschlossen hat (B.________-KVG-Vertragsspital).
Der Ver­sicher­er führt eine Liste der B.________-KVG-Vertragsspitäler, welche über die anerkan­nten Leis­tungsspek­tren Auskun­ft gibt. Diese Liste wird laufend angepasst und kann beim Ver­sicher­er einge­se­hen oder auszugsweise ver­langt werden. 

Ziff. 3.2:
Die X.________ [halbpri­vate Spi­ta­l­abteilung] deckt im Rah­men der nach­fol­gen­den Bes­tim­mungen die Kosten eines sta­tionären Aufen­thaltes in einem Zwei­bettz­im­mer der halbpri­vat­en Abteilung eines Spitals. 

Ziff. 3.4:
Ken­nt ein Spi­tal keine oder andere Ein­teilungskri­te­rien für die Spi­ta­l­abteilun­gen oder wer­den die Tar­ife ein­er Abteilung vom Ver­sicher­er nicht anerkan­nt, gelan­gen diejeni­gen Bes­tim­mungen zur Anwen­dung, wie wenn die ver­sicherte Per­son sich in der Pri­vatabteilung des Spi­tals aufhal­ten würde. Bei Unter­ver­sicherung gel­ten die Bes­tim­mungen von Ziff. 7 dieser ZVB

Ziff. 5.2:
Bei Spi­tal­be­hand­lun­gen umfassen die Leis­tun­gen im Rah­men der vom Ver­sicher­er für das betr­e­f­fende Spi­tal anerkan­nten Tarife: 
a) die Kosten für Unterkun­ft und Verpflegung, 
b) die Arzthonorare 
c) die Kosten für wis­senschaftlich anerkan­nte […] Massnahmen 
d) die Krankenpflege im Spital 
e) die Kosten für Medika­mente, Heil­ma­te­ri­alien, Oper­a­tionssaal und Narkose 
f) die Kosten für vom Spi­tal verord­nete Mit­tel und Gegenstände 

Ziff. 7 Leis­tun­gen bei Unterversicherung 
Ziff 7.1:
Per­so­n­en, die beim Ver­sicher­er für die halbpri­vate Abteilung ver­sichert sind, wer­den bei einem Aufen­thalt in der pri­vat­en Abteilung 75 % der Leis­tun­gen der Z.________ [pri­vate Spi­ta­l­abteilung] gewährt, höch­stens jedoch 75 % der vom Ver­sicher­er für das betr­e­f­fende Spi­tal anerkan­nten Tarife. 
Ziff. 7.2:
Der Ver­sicher­er führt eine Liste der­jeni­gen Spitäler, deren Tar­ife nicht anerkan­nt wer­den. Diese Liste wird laufend angepasst und kann beim Ver­sicher­er einge­se­hen oder auszugsweise ein­ver­langt werden.”