7B_231/2025: Kollusionsgefahr bei Vermögensdelikten

Im Urteil 7B_231/2025 vom 2. April 2025 befasste sich das Bun­des­gericht mit den Anforderun­gen an die Kol­lu­sion­s­ge­fahr bei Ver­mö­gens­de­lik­ten, nach­dem ein der Verun­treu­ung und unge­treuen Geschäfts­be­sorgung beschuldigter Treuhän­der Beschw­erde gegen die Anord­nung von Unter­suchung­shaft erhoben hatte.

Nach Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO ist Unter­suchung­shaft unter anderem zuläs­sig, wenn die beschuldigte Per­son eines Ver­brechens oder Verge­hens drin­gend verdächtig ist und ern­sthaft zu befürcht­en ist, dass sie Per­so­n­en bee­in­flusst oder auf Beweis­mit­tel ein­wirkt, um so die Wahrheits­find­ung zu beein­trächti­gen (Kol­lu­sion­s­ge­fahr). Straf­prozes­suale Haft wegen Kol­lu­sions- bzw. Ver­dunkelungs­ge­fahr soll ver­hin­dern, dass die beschuldigte Per­son die wahrheits­ge­treue Abklärung des Sachver­halts vere­it­elt oder gefährdet. Die the­o­retis­che Möglichkeit, dass der Beschuldigte kol­ludieren kön­nte, genügt indessen nicht, um Haft unter diesem Titel zu recht­fer­ti­gen. Es müssen vielmehr konkrete Indizien für die Annahme von Ver­dunkelungs­ge­fahr sprechen. Das Vor­liegen des Haft­grunds ist nach Mass­gabe der Umstände des jew­eili­gen Einzelfalls zu prüfen (E. 4.1).

Konkrete Anhalt­spunk­te für Kol­lu­sion­s­ge­fahr kön­nen sich namentlich aus dem bish­eri­gen Ver­hal­ten der beschuldigten Per­son im Straf­prozess, aus ihren per­sön­lichen Merk­malen, aus ihrer Stel­lung und ihren Tat­beiträ­gen im Rah­men des unter­sucht­en Sachver­halts sowie aus den per­sön­lichen Beziehun­gen zwis­chen ihr und den sie belas­ten­den Per­so­n­en ergeben. Bei der Frage, ob im konkreten Fall eine mass­ge­bliche Beein­träch­ti­gung des Strafver­fahrens wegen Ver­dunkelung dro­ht, ist auch der Art und Bedeu­tung der von Bee­in­flus­sung bedro­ht­en Aus­sagen bzw. Beweis­mit­tel, der Schwere der unter­sucht­en Straftat­en sowie dem Stand des Ver­fahrens Rech­nung zu tra­gen. Je weit­er das Strafver­fahren vor­angeschrit­ten ist und je präzis­er der Sachver­halt bere­its abgek­lärt wer­den kon­nte, desto höhere Anforderun­gen sind an den Nach­weis von Ver­dunkelungs­ge­fahr zu stellen (E. 4.1).

Zur Natur der möglichen Kol­lu­sion­shand­lun­gen ist festzuhal­ten, dass im vor­liegen­den Fall wed­er die Vorin­stanz noch die Staat­san­waltschaft die Befürch­tung äusserten, der Beschw­erde­führer kön­nte Sach­be­weise oder Spuren beseit­i­gen. Die Kon­ten des Beschw­erde­führers bzw. sein­er Agen­tur wur­den (zeitweise) ges­per­rt und Werte beschlagnahmt, seine geschäftlichen Räum­lichkeit­en durch­sucht und dabei ver­schiedene Unter­la­gen sichergestellt (E. 4.4.1). Bei den unter­sucht­en Straftat­en han­delte es sich wed­er um Vier-Augen-Delik­te noch um solche im famil­iären oder nahen Fre­un­deskreis, bei denen auch nieder­schwellige Bee­in­flus­sun­gen oder Druck­ausübun­gen denkbar wären (E. 4.4.3).

Die Vorin­stanz sah eine Gefahr von Ver­dunkelung­shand­lun­gen bei Kun­den und Geschäftspart­nern des Beschw­erde­führers und stellte grund­sät­zlich zutr­e­f­fend fest, dass ein Anreiz zur Bee­in­flus­sung jen­er Per­so­n­en beste­ht, die bere­its polizeilich (aber noch nicht staat­san­waltschaftlich) befragt wur­den und belas­tende Aus­sagen gemacht hat­ten. Nach dem aktuellen Erken­nt­nis­stand han­delte es sich um Per­so­n­en, die teils mehrere Hun­dert­tausend Franken vom Beschw­erde­führer ver­wal­ten liessen bzw. in von ihm ver­wal­tete Unternehmen investiert hat­ten und deren Gelder der Beschw­erde­führer verun­treut haben soll. Es gab jedoch keine Anhalt­spunk­te, weshalb diese mut­masslich Geschädigten ihre belas­ten­den Aus­sagen wider­rufen soll­ten und es war auch nicht erkennbar, wie der Beschw­erde­führer diese zu für ihn gün­sti­gen Aus­sagen bewe­gen kön­nte, nach­dem er diese mut­masslich um erhe­bliche Sum­men gebracht haben soll (E. 4.4.5).

Damit waren dem Beschw­erde­führer zwar the­o­retisch Ver­dunkelung­shand­lun­gen möglich, es bestand aber keine konkrete Kol­lu­sion­s­ge­fahr, wom­it sich die Beschw­erde als begrün­det erwies und das Bun­des­gericht anord­nete, dass der Beschuldigte unverzüglich aus der Haft zu ent­lassen sei (E. 4.4.7).