4G_4/2016: Herausgabe / Rechenschaftspflicht, Erläuterung (amtl. Publ.)

Die Y. Ltd. und die Bank X. AG tru­gen einen Rechtsstre­it über die Her­aus­gabe- und Rechen­schaft­spflicht der Bank aus. Das Appel­la­tion­s­gericht hiess die Klage teil­weise gut. Eine von der Bank gegen dieses Urteil ein­gere­ichte Beschw­erde wies das Bun­des­gericht ab (BGE 139 III 49; eine Zusam­men­fas­sung dieses Entschei­ds find­et sich hier).

Nach­dem die Voll­streck­ung des Urteils des Appel­la­tion­s­gerichts teil­weise gescheit­er war, beantragte die Y. Ltd. beim Bun­des­gericht mit­tels eines Erläuterungs­begehrens die Präzisierung des Dis­pos­i­tivs des bun­des­gerichtlichen Urteils in mehreren Punk­ten (E. B). Sie begrün­dete dies damit, dass das zu voll­streck­ende Dis­pos­i­tiv des Appel­la­tion­s­gerichts sowohl durch die Erwä­gun­gen des Appel­la­tion­s­gerichts als auch des Bun­des­gerichts motiviert sei. Im Voll­streck­ungsver­fahren habe sich her­aus­gestellt, dass betr­e­f­fend das zu voll­streck­ende Dis­pos­i­tiv Erläuterungs­be­darf bestehe.

Die Klägerin berief sich vor Bun­des­gericht erfol­g­los auf die im Urteil 5C.122/2002, E. 1, etablierte Recht­sprechung. In jen­em Urteil hat­te sich das Bun­des­gericht u.a. hin­sichtlich des in einem Erläuterungs­ge­such gestell­ten Begehrens um Neu­for­mulierung des Dis­pos­i­tivs eines oberg­erichtlichen Urteils für zuständig erk­lärt, nach­dem es den oberg­erichtlichen Entscheid in seinem Urteil bestätigt hat­te. Daran könne, so das Bun­des­gericht, unter dem BGG nicht fest­ge­hal­ten wer­den. Art. 129 BGG beziehe sich aus­drück­lich auf das Dis­pos­i­tiv eines bun­des­gerichtlichen Entschei­ds. Die Erläuterung und Berich­ti­gung von Urteilen kan­tonaler Instanzen sei dage­gen in Art. 334 ZPO geregelt. Das bun­des­gerichtliche Dis­pos­i­tiv, mit dem — wie vor­liegend — eine Beschw­erde abgewiesen oder darauf nicht einge­treten werde, verän­dere den Wort­laut des Dis­pos­i­tivs des ange­focht­e­nen Entschei­ds nicht und enthalte auch keine unverän­derte oder mod­i­fizierte Über­nahme des kan­tonalen Entschei­d­dis­pos­i­tivs (E. 2.1).

Nicht gehört wer­den könne sodann der Antrag der Y. AG, das Bun­des­gericht­surteil sei dahinge­hend zu erläutern, dass die Verpflich­tun­gen der X. AG gemäss Urteil des Appel­la­tion­s­gerichts in bes­timmter Weise ergänzt wer­den sollen. Die Erläuterung könne sich nur auf Gegen­sätze zwis­chen den Entschei­dungs­grün­den und dem Dis­pos­i­tiv beziehen, wom­it selb­stre­dend nur Gegen­sätze zwis­chen den Entschei­dungs­grün­den und dem Dis­pos­i­tiv des­sel­ben Entschei­des gemeint seien (E. 2.1).

Darüber hin­aus könne mit ein­er Berich­ti­gung keine inhaltliche Abän­derung des gefäll­ten Entschei­ds erre­icht wer­den. Weise ein Urteils­dis­pos­i­tiv sel­ber nicht den für eine erfol­gre­iche Voll­streck­ung erforder­lichen Detail­grad auf, könne ein Erläuterungs­begehren regelmäs­sig nicht weit­er­helfen, son­dern sei im Voll­streck­ungsver­fahren die Trag­weite des Dis­pos­i­tivs anhand der Urteilser­wä­gun­gen auszule­gen. Dabei könne es allerd­ings nicht darum gehen, unbes­timmte Begriffe auszule­gen. Vielmehr müsse sich aus den Erwä­gun­gen klar ergeben, was von der verpflichteten Partei ver­langt wer­den könne. Sofern der Voll­streck­ungsrichter zu Unrecht die Voll­streck­ung von sich klar aus dem Urteil ergeben­den Verpflich­tun­gen ver­weigere, könne gegen dessen Entscheid ein Rechtsmit­tel erhoben wer­den. Sofern jedoch die gewün­scht­en Einzel­heit­en auch aus den Erwä­gun­gen nicht oder nicht klar ent­nom­men wer­den kön­nten, könne dies auch darauf zurück­zuführen sein, dass im Erken­nt­nisver­fahren entsprechende Anträge nicht gestellt oder zwar gestellt aber nicht beurteilt wor­den seien. Let­zteres hätte im Erken­nt­nisver­fahren mit den entsprechen­den ordentlichen Rechtsmit­teln gerügt wer­den müssen (E. 2.2).

Das Bun­des­gericht erachtete deshalb den Antrag der Y. Ltd. auf Ergänzung des Dis­pos­i­tivs des Appel­la­tion­s­gericht­surteils als unzuläs­sig. Vielmehr wäre für die Erläuterung eines Wider­spruchs des Dis­pos­i­tivs mit den Erwä­gun­gen in diesem Urteil das Appel­la­tion­s­gericht nach Mass­gabe von Art. 334 ZPO zuständig. Auf das Erläuterungs­ge­such wurde deshalb nicht eingetreten.