8C_526/2017: Deckungsumfang der Insolvenzentschädigung; Abgrenzung zur Arbeitslosenentschädigung

A. (Beschw­erde­führer) war für die B. AG als Account Man­ag­er tätig. Nach der Kündi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es wurde er per sofort freigestellt, weshalb er in den Monat­en Sep­tem­ber und Okto­ber effek­tiv keine Arbeit mehr leis­tete. Am 1. Novem­ber kon­nte er eine neue Arbeitsstelle bei ein­er anderen Arbeit­ge­berin antreten. Später reichte er ein Gesuch um Insol­ven­zentschädi­gung für offene Forderun­gen ein (Lohn für Okto­ber, Anteil 13. Monat­slohn, Ferienentschädi­gung, Umsatz­beteili­gung und Spesen).

Die Arbeit­slosenkasse des Kan­tons Zug lehnte das Gesuch ab. Die dage­gen erhobene Beschw­erde wies das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zug ab. Das Bun­des­gericht wies die Beschw­erde nach öffentlich­er Beratung ab (Urteil 8C_526/2017 vom 15. Mai 2018).

Das Ver­wal­tungs­gericht hat­te erwogen, A. hätte der Arbeitsver­mit­tlung während der Freis­tel­lung uneingeschränkt zur Ver­fü­gung ste­hen kön­nen und hätte wie ein ver­mit­tlungs­fähiger Arbeit­slos­er die Kon­trollpflicht­en erfüllen müssen. Daran ändere nichts, dass A. am 1. Novem­ber eine neue Stelle habe antreten kön­nen. Da A. die Kon­trollpflicht­en nicht erfüllt habe, beste­he wed­er Anspruch auf Insol­ven­zentschädi­gung noch auf Arbeit­slose­nentschädi­gung (zum Ganzen E. 3.1).

Das Bun­des­gericht hielt ins­beson­dere fest, der Schutzz­weck der Insol­ven­zentschädi­gung erstrecke sich nach gefes­tigter Recht­sprechung nur auf tat­säch­lich geleis­tete, aber nicht entlöh­nte Arbeit. Sie erfasse nicht Lohn­forderun­gen wegen ungerecht­fer­tigter vorzeit­iger Auflö­sung des Arbeitsver­hält­niss­es und für noch nicht bezo­gene Ferien. Den Tatbe­stand der geleis­teten Arbeit gle­ichgestellt wer­den nach der Recht­sprechung jene Fälle, in denen der Arbeit­nehmer nur wegen des Annah­mev­erzugs des Arbeit­ge­bers im Sinne von Art. 324 OR keine Arbeit leis­ten kon­nte. Solange der Arbeit­nehmer in einem ungekündigten Arbeitsver­hält­nis ste­he, habe er einen Lohnanspruch, der gegebe­nen­falls einen Anspruch auf Insol­ven­zentschädi­gung recht­fer­ti­gen könne (zum Ganzen E. 6.1.1).

Der Einzelfall müsse jew­eils fak­tisch betra­chtet wer­den. Die Insol­ven­zentschädi­gung betr­e­ffe Lohnansprüche für effek­tive Arbeit­szeit, während der die ver­sicherte Per­son der Arbeitsver­mit­tlung nicht zur Ver­fü­gung ste­hen könne, weil sie in dieser Zeit dem Arbeit­ge­ber zur Ver­fü­gung ste­hen muss. Mass­gebend für die Insol­ven­zentschädi­gung sei somit, ob geleis­tete Arbeit im Sinne von Art. 51 ff. AVIG vor­liegt bzw. ob die ver­sicherte Per­son in der fraglichen Zeit ver­mit­tlungs­fähig war und die Kon­trol­lvorschriften erfüllen kon­nte. Sei dies zu beja­hen, beste­he kein Anspruch auf Insol­ven­zentschädi­gung. Diese Grund­sätze wür­den auch gel­ten in Fällen ungerecht­fer­tigter frist­los­er Ent­las­sung (Art. 337c OR) und wenn das Arbeitsver­hält­nis zur Unzeit aufgelöst werde (Art. 336c OR). In diesen Fällen weise die ver­sicherte Per­son eine genü­gend grosse Ver­füg­barkeit auf, um eine zumut­bare Arbeit anzunehmen und sich den Kon­trol­lvorschriften zu unterziehen. Die Freis­tel­lung während der Kündi­gungs­frist sei gle­ich zu behan­deln (zum Ganzen E. 6.1.2).