Das Bundesgericht stellte klar, dass ein pactum de palmario, d.h. eine Vereinbarung, mit welcher das einem Anwalt in jedem Fall geschuldete Honorar bei erfolgreicher Mandatsführung erhöht wird, grundsätzlich zulässig ist, sofern folgende Grenzen eingehalten werden:
- Das Verbot des (reinen) Erfolgshonorars dürfe nicht mit einer geringfügigen erfolgsunabhängigen Entschädigung unterlaufen werden; der Rechtsanwalt müsse unabhängig vom Verfahrensausgang ein Honorar erzielen, welches nicht nur seine Selbstkosten decke, sondern ihm auch einen angemessenen Gewinn ermögliche (mit Verweis auf BGer 2A.98/2006, E. 2.2);
- Das vom Erfolg abhängige Honorar dürfe im Verhältnis zum in jedem Fall geschuldeten Honorar nicht so hoch sein, dass die Unabhängigkeit des Anwalts beeinträchtigt sei und die Gefahr einer Übervorteilung bestehe. Auf die Festlegung einer fixen Obergrenze verzichtet das Bundesgericht. Klar überschritten sei die Grenze jedenfalls, falls das erfolgsabhängige Honorar höher sei als das erfolgsunabhängige;
- Für den Abschluss des pactum de palmario bestehe eine zeitliche Grenze: Es dürfe nur zu Beginn des Mandatsverhältnisses oder nach Beendigung des Rechtsstreits abgeschlossen werden, nicht aber während des laufenden Mandats.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer (Klient) hatte am 20. Mai 2008 den Beschwerdegegner (Rechtsanwalt) mit der Wahrung seiner Interessen betraut. Am 18. Juni 2009 schlossen die Parteien einen schriftlichen Mandatsvertrag, worin sie einen Stundenansatz von CHF 700 und eine Erfolgsbeteiligung des Rechtsanwalts von 6 % vereinbarten. Nach Abschluss des Mandats stellte der Beschwerdegegner eine Rechnung über CHF 1’054’053.90 (Stundenhonorar CHF 585’116.40 und Erfolgshonorar CHF 468’937.50). Der Beschwerdeführer bezahlte die Rechnung im Umfang von CHF 560’000, woraufhin der Rechtsanwalt den Restbetrag gerichtlich einforderte.
Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage ab, insbesondere weil es die Honorarvereinbarung als sittenwidrig i.S.v. Art. 20 OR qualifizierte. Das Obergericht erachtete demgegenüber die Honorarvereinbarung als gültig und sprach dem Rechtsanwalt — nach Vornahme diverser Kürzungen — noch ein Betrag von CHF 294’127.40 zu.
Das Bundesgericht hies die Beschwerde des Klienten gut und wies die Klage des Rechtsanwalts ab. Es verwies einleitend auf die Praxis vor und nach Inkrafttreten des BGFA, gemäss welcher das pactum de quota litis, wonach das gesamte Honorar eines Anwalts in einem Anteil am allfälligen Prozessgewinn besteht, verboten ist, und die Zulässigkeit des pactum de palmario unterschiedlich beurteilt wurde (E. 2.5). Es verwies sodann auf die herrschende Lehre, die das pactum de palmario unter Verweis auf BGer 2A.98/2006, E. 2.2, als zulässig erachtet, sofern der Anwalt unabhängig vom Verfahrensausgang ein Honorar erhält, welches nicht nur seine Selbstkosten deckt, sondern ihm auch einen angemessen Gewinn ermöglicht (E. 2.6.1). Auch gemäss Art. 19 der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands ist das pactum de quota litis unzulässig, ein pactum de palmario jedoch erlaubt (E. 2.6.2). International bestehe sodann die Tendenz zur Zulässigkeit von Erfolgshonoraren (E. 2.6.3 mit Verweis auf Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich).
Massgebend ist die Auslegung von Art. 12 lit. e BGFA und dabei die Frage, ob die Passage “als Ersatz für das Honorar” den vollständigen Ersatz des Honorars durch eine Beteiligung am Prozessgewinn verbietet oder jede Beteiligung am Prozessgewinn unerlaubt ist:
- Das Bundesgericht kam, nachdem es die drei Sprachfassungen verglich, zum Schluss, dass die Auslegung des Wortlauts der Bestimmung für die Zulässigkeit eines pactum de palmario spreche. Zwar weise die französische Fassung von Art. 12 lit. e BGFA darauf hin, dass jede Vereinbarung, welche das Honorar vom Ergebnis der anwaltlichen Bemühungen abhängig mache, und damit auch ein pactum de palmario, unzulässig sei. Allerdings sei eine solche Auslegung nicht massgebend (E. 2.7.1–2.7.2).
- Die Materialien zu Art. 12 lit. e BGFA würden, so das Bundesgericht weiter, die Frage der Zulässigkeit des pactum de palmario nicht beantworten. In der Botschaft werde das pactum de palmario, anders als das pactum de quota litis, nicht erwähnt. Sodann sei das pactum de palmario vor Inkrafttreten des BGFA zwar in den meisten Kantonen verboten, in anderen aber unter gewissen Bedingungen zulässig gewesen (E. 2.7.3).
- Hinsichtlich des Zwecks von Art. 12 lit. e BGFA rief das Bundesgericht in Erinnerung, dass ein Verbot von Erfolgshonoraren im Allgemeinen die Vermeidung der Gefahr bezwecke, dass der Rechtsuchende durch seinen Anwalt, der die Prozessaussichten besser beurteilen könne als er, übervorteilt werde. Zudem solle ein solches Verbot verhindern, dass der Rechtsanwalt seine Unabhängigkeit verliere, weil er wegen der Erfolgsabrede am Prozessergebnis persönlich interessiert sei. Ein Verbot des pactum de palmario sei, so die Schlussfolgerung des Bundesgerichts, nicht erforderlich, wohl aber das Setzen gewisser Schranken (E. 2.7.4). Damit werde der Zweck von Art. 12 lit. e BGFA und insbesondere die Wahrung der Unabhängigkeit des Anwalts sichergestellt sowie der Gefahr der Übervorteilung entgegnet. Dies auch vor dem Hintergrund, dass eine Beschränkung oder ein Verbot von Erfolgshonoraren in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) des Anwalts eingreife und deshalb den Anforderungen von Art. 36 BV genügen, insbesondere verhältnismässig sein müsse (E. 2.7.5).
Im vorliegenden Fall erachtete das Bundesgericht die letzte der einleitend genannten Voraussetzungen als nicht gegeben: Die Parteien hätten erst am 18. Juni 2009 und damit erst rund ein Jahr nach Mandatsübernahme (20. Mai 2008) eine Erfolgsbeteiligung vereinbart. Der Abschluss des pactum de palmario während des laufenden Mandats verletze deshalb Art. 12 lit. e BGFA und die Vereinbarung des Erfolgshonorars sei somit nichtig (E. 2.7.6; E. 2.8).