1C_539/2017 et al.: Uferschutzplanung Wohlensee-Inselrainbucht / Rechtsfehlerhafte Interessenabwägung des Berner Verwaltungsgerichts (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 12. Novem­ber 2018 befasste sich das BGer mit der Ufer­schutz­pla­nung Wohlensee-Insel­rain­bucht. Mit Beschluss vom 5. Sep­tem­ber 2012 erliess der Regierungsrat des Kan­tons Bern ersatzweise für die Ein­wohn­erge­meinde Wohlen eine Ergänzung der kom­mu­nalen Ufer­schutz­pla­nung Wohlensee im Bere­ich der Insel­rain­bucht. Den Beschluss des Regierungsrats zogen diverse Per­so­n­en bis vor BGer, welch­es auf die Beschw­erde im Ver­fahren 1C_554/2017 nicht ein­tritt, die restlichen Beschw­er­den jedoch gutheisst.

Umstrit­ten ist ins­beson­dere der pro­jek­tierte Ufer­weg, welch­er entwed­er direkt am Wass­er oder zumin­d­est ufer­nah, d.h. inner­halb eines Bere­ichs von 50 m vom Ufer ver­laufen soll. Die Beschw­erde­führer rügen, dass der pro­jek­tierte Ufer­weg das Jagdge­setz (JSG; SR 922.0), die Verord­nung über die Wass­er- und Zugvo­gel­reser­vate von inter­na­tionaler und nationaler Bedeu­tung (WZVV; SR 922.32) sowie das Bun­des­ge­setz über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) ver­let­ze. Zudem habe die Vorin­stanz die gebotene Inter­essen­ab­wä­gung rechts­fehler­haft vorgenommen.

Das BGer hält zunächst fest, dass die den Kan­to­nen in Art. 3 Abs. 2 lit. c RPG über­tra­gene Auf­gabe (Frei­hal­tung von See- und Flus­sufern; Erle­ichterung von öffentlichem Zugang und Bege­hung) nicht ver­lange, dass der freie Zugang der Öffentlichkeit an allen oder an bes­timmten Stellen eines Seeufers zu gewährleis­ten sei. Vielmehr verbleibe den Kan­to­nen ein erhe­blich­er Ermessensspiel­raum, welch­er der Kan­ton Bern im Sinne ein­er weit­ge­hen­den Zugänglichkeit der See- und Flus­sufer genutzt habe, wobei gewichtige andere Inter­essen es auch nach der Bern­er Regelung recht­fer­ti­gen kön­nten, auf eine Wegführung direkt dem Gewäss­er ent­lang zu verzichten.

Zur Inter­essen­ab­wä­gung der Vorin­stanz sagt das BGer folgendes:

Zusam­men­fassend mass die Vorin­stanz dem Inter­esse des Vogelschutzes deut­lich zu wenig Gewicht bei, han­delt es sich beim Wohlensee doch um eines von 25 nationalen Inven­targe­bi­eten, welch­es sich überdies durch eine über­durch­schnit­tlich hohe Arten­vielfalt ausze­ich­net. Demge­genüber wurde das Inter­esse an ein­er ufer­na­hen Wegführung angesichts der erforder­lichen, sehr weitre­ichen­den Begleit­mass­nah­men von der Vorin­stanz über­be­w­ertet. Zu Recht als erhe­blich und über das Übliche hin­aus­ge­hend eingestuft wur­den die ent­ge­gen­ste­hen­den Eigen­tum­sin­ter­essen. Wägt man die einzel­nen Inter­essen im Rah­men der vorzunehmenden Gesamt­in­ter­essen­ab­wä­gung gegeneinan­der ab, ergibt sich, dass das zu rel­a­tivierende öffentliche Inter­esse an ein­er ufer­na­hen Wegführung das gewichtige öffentliche Inter­esse des Naturschutzes (Vogelschutzes) und die erhe­blichen Eigen­tum­sin­ter­essen der betrof­fe­nen Grun­deigen­tümer in diesem speziell gelagerten Einzelfall gesamthaft nicht aufzuwiegen ver­mag. Im Ergeb­nis ist die Inter­essen­ab­wä­gung der Vorin­stanz deshalb als bun­desrechtswidrig zu qual­i­fizieren […]. (E. 6.8.)

Das BGer ver­sagt der Über­bau­ung­sor­d­nung “Wohlensee-Insel­rain­bucht” fol­glich die Genehmi­gung und ver­weigert die Baubewilligungen.