Revisor X bestätigte der Y‑AG in seinen jährlichen Revisionsberichten, dass deren Buchführung Gesetz und Statuten entspreche, obwohl er – so die Sachverhaltszusammenfassung des OGer ZH – in Verletzung seiner Berufspflichten u.a. eine (Über-)Prüfung von Bestand und Bonität der (Haupt-)Debitoren bzw. Bestand der Kreditoren unterliess und dadurch zumindest in Kauf nahm, dass nicht den Tatsachen entsprechende Bilanzen und Erfolgsrechnungen als überprüft bezeichnet wurden. Die von X gegen die Verurteilung wegen mehrfacher Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg; das Bundesgericht erkennt ebenfalls auf Falschbeurkundung und bestätigt mit Urteil vom 15. November 2010 (6B_684/2010) den Schuldspruch der Vorinstanz.
Um die Tatbestandsalternative einer Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 Var. 4 StGB) zu erfüllen, muss eine qualifizierte schriftliche Lüge abgegeben worden sein, die nur anzunehmen ist, wenn eine erhöhte Glaubwürdigkeit der Urkunde und ein besonderes Vertrauen des Adressaten vorliegen. Dies ist der Fall, wenn allgemein gültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, wie sie u.a. in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson oder in gesetzlichen Vorschriften (z.B. die Bilanzvorschriften in Art. 958 ff. OR) zu sehen sind, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen (BGE 132 IV 12 E. 8.1 S. 15; 129 IV 130 E. 2.1 S. 134 […]).
Diese Voraussetzungen für die Annahme einer Falschbeurkundung können – so das Bundesgericht – grundsätzlich auch Revisionsberichte erfüllen:
3.1.4 Dem Revisionsbericht wird im Rahmen der Falschbeurkundung in Bezug auf die inhaltliche Prüfung der Buchführung und Jahresrechnung unbestrittenermassen erhöhte Glaubwürdigkeit zuerkannt (Urteil 6B_772/2008 vom 6. März 2009 E. 4.4 […]). Es kommt ihm deshalb besondere Bedeutung zu, weil die Revisionsstelle den Eigenkapitalgebern nicht zustehende Einsichts- und Kontrollrechte in finanziellen Belangen ersetzt. Die Rechnungsprüfung dient schliesslich auch dem Schutz der Gläubiger (BGE 132 IV 12 E. 9.3.3 S. 20 […]).
Die Frage, ob ein Revisionsbericht im Einzelfall als unwahre Urkunden zu qualifizieren ist, muss in erster Linie nach den zivilrechtlichen Regeln über die Berichterstattung nach Art. 728 Abs. 1 aOR beurteilt werden (vgl. auch E. 3.3.1 f. mit Verweis auf Urteil 6B_772/2008 vom 6. März 2009 E. 4.3):
3.3.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Revisionsstelle im Rahmen der Buchprüfung verpflichtet, die ausgewiesenen Gesellschaftsaktiven auf ihren tatsächlichen Bestand zu untersuchen. Die Prüfung der Bilanzwahrheit erstreckt sich dabei nicht nur auf das Anlage- und Umlaufvermögen, sondern auch auf die Forderungen (BGE 112 II 461 E. 3c S. 462; bestätigt in BGE 116 II 533 E. 5b S. 541 f. […]). Zum Prüfungsvorgehen selbst erwähnt das Gesetz nichts. Ein Nichtbefolgen der in den Grundsätzen zur Abschlussprüfung der Treuhand-Kammer […] und im Revisionshandbuch der Schweiz […] bzw. Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung […] wiedergegebenen Prüfungsmethoden und Vorgehensvorschläge wird jedoch in aller Regel eine Sorgfaltspflichtverletzung der Revisionsstelle darstellen […]. Der Grundsatz der Wesentlichkeit gilt auch bezüglich der Frage, wie detailliert eine Prüfung zu erfolgen hat ([…]. Ob z.B. gewisse Rechnungsposten lückenlos oder nur stichprobenweise geprüft werden sollen, hängt von den Umständen ab, namentlich auch von der finanziellen Situation der Gesellschaft, der Qualität der internen Kontrolle, der Fehleranfälligkeit des entsprechenden Prüffeldes und der bisherigen Erfahrung der Revisionsstelle mit der zu untersuchenden Gesellschaft […].
Im vorliegenden Fall kommt das Bundesgericht zu dem Schluss, dass die Bestätigungen in den Revisionsberichten des X unwahr gewesen seien und damit eine Falschbeurkundung vorliegt:
3.4.4 […] die Fälle, in denen zwar eine Abschlussprüfung durchgeführt wurden, diese aber den Anforderungen von Art. 728 Abs. 1 OR nicht genügt, weil z.B. gewisse Prüfungsgegenstände unberücksichtigt blieben, [sind] in ihrer rechtlichen Würdigung den sog. Gefälligkeitsberichten gleichzusetzen […]
Der Vorsatz des X hat das Bundesgericht bejaht, weil er als langjähriger, erfahrener Revisor die für seine Tätigkeit geltenden Gesetzesvorschriften und Standesregeln gekannt und zumindest in Kauf genommen hat, dass der faktische Beherrscher der Y‑AG (einem “Ein-Mann-Betrieb” ohne interne Kontrollmechanismen) insofern eine Besserstellung erfahren habe, als er weder allfällige Rechtsfolgen gemäss Art. 729c OR, noch in erheblichem Masse erklärungsbedürftige Vorbehalte in den jeweiligen Revisionsberichten zu gewärtigen gehabt habe […].