4A_721/2012: Übersteigt die Gratifikation den Fixlohn, wird sie nicht zwingend integral zum Lohnbestandteil bzw. zum Fixlohn

In BGer. 4A_721/2012 vom 16. Mai 2013 hat­te das Bun­des­gericht Gele­gen­heit, seine Recht­sprechung bezüglich Bonuszahlun­gen bei sehr hohen Einkom­men weit­er zu entwick­eln. Ein Bankdi­rek­tor klagte auf Nachzahlung von Bonusleis­tun­gen, nach­dem eine ein­vernehm­liche Auflö­sung des Arbeitsver­hält­niss­es nicht mehr möglich war und die Bank die Kündi­gung aus­ge­sprochen hat­te. Der Fixlohn des Direk­tors betrug CHF 280’000, und im Arbeitsver­trag wurde ein Bonus in Aus­sicht gestellt. In den Jahren 2005 bis 2007 wur­den Boni von CHF 560’000, CHF 600’000 und von CHF 550’000 teils in bar, teils als aktien­rechtliche Wertrechte (Incen­tive Share Units) aus­bezahlt. Für das Jahr 2008 erhielt der Direk­tor CHF 183’000 als Bonus. Der Bankdi­rek­tor forderte zusät­zlich CHF 147’000 neb­st Zins in bar sowie 3’841 Incen­tive Units zum Fair Val­ue von CHF 23.70 oder deren Gegen­wert bei Fäl­ligkeit von CHF 247’499.10. Für das Jahr 2009 forderte er CHF 427’500 neb­st Zins. Die Bank hat­te im Jahr 2008 einen Ver­lust von CHF 7,687 Mil­liar­den erlitten.

Das Bun­des­gericht schützte das Urteil des Oberg­erichts des Kan­tons Zürich und wies die Beschw­erde des Bankdi­rek­tors ab. Er hat­te erfol­g­los gerügt, die Vorin­stanz habe den aus­gerichteten Bonus zum Teil als Lohnbe­standteil und zum Teil als Grat­i­fika­tion qual­i­fiziert, was sein­er Recht­sauf­fas­sung zufolge unzuläs­sig sei (E. 1.4).

Das Bun­des­gericht hielt der Rüge unter Ver­weis auf BGE 129 III 276 E. 2.1 S. 279 ent­ge­gen, über­steige die Grat­i­fika­tion den Fixlohn, werde sie nicht zwin­gend inte­gral zum Lohnbe­standteil (E. 3.1). Das gelte ins­beson­dere bei sehr hohen Einkom­men, bei denen der berech­nete Lohn die Leben­shal­tungskosten des Arbeit­nehmers erhe­blich und den Durch­schnittslohn um ein Vielfach­es über­steigen würde (E. 3.1). Sobald näm­lich der eigentliche Lohn die wirtschaftliche Exis­tenz des Arbeit­nehmers bei Weit­em gewährleiste bzw. seine Leben­shal­tungskosten erhe­blich über­steige, bilde die Höhe der Grat­i­fika­tion im Ver­hält­nis zum Lohn kein tauglich­es Kri­teri­um mehr, um über den Lohn­charak­ter der Son­dervergü­tung zu entschei­den. Bei der­ar­ti­gen Einkom­mensver­hält­nis­sen lasse sich ein Ein­griff in die Pri­vatau­tonomie der Parteien nicht durch ein Schutzbedürf­nis des Arbeit­nehmers legit­imieren (E. 3 i.f. mit Ver­weis auf den zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen BGer. 4A_520/2012 vom 26. Feb­ru­ar 2013, E. 5.3 mit Hin­weisen). Da das Bun­des­gericht im jüng­sten Entscheid seine bish­erige Recht­sprechung präzisiert habe, könne der Beschw­erde­führer aus den Ver­weisen auf die davor ergan­genen Entschei­de nichts zu seinen Gun­sten ableit­en (E. 3.1 i.f.).

Selb­st wenn der Bonus inte­gral zum Lohnbe­standteil wer­den würde, bedeute dies nicht, dass er dadurch zum Fixlohn würde, son­dern nur, dass die Aus­rich­tung nicht vom Willen des Arbeit­ge­bers abhänge und die Höhe nach den im Ver­trag vere­in­barten Kri­te­rien objek­tiv festzuset­zen sei (E. 3.2 i.f.). Für das Jahr 2008 hat­te die Bank einen Bonus aus­gerichtet. Das Bun­des­gericht prüfte deshalb nur, ob die Vorin­stanz zu Recht davon aus­ging, der für das Jahr 2008 aus­bezahlte Bonus von CHF 183’000 in bar ohne aktien­basierte Entschädi­gung sei kor­rekt (E. 3.3 i.f.). Unter Willküraspek­ten waren die Erwä­gun­gen der Vorin­stanz nicht zu bean­standen (E. 3.3.3–3.4).