5A_579/2018: Verzugszins für Unterhaltsbeiträge (Art. 105 OR, amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den, zur amtlichen Pub­lika­tion bes­timmten Urteil hat­te sich das Bun­des­gericht mit dem Verzugszins für fam­i­lien­rechtliche Unter­halts­beiträge zu befassen.

Das Oberg­ericht des Kan­tons Bern hat­te den Unter­halts­beitrag, welchen der Beschw­erde­führer an die Beschw­erdegeg­ner­in zu leis­ten hat­te, auf CHF 3’000, „zahlbar monatlich im Voraus“, fest­ge­set­zt.

Das Bun­des­gericht erwog hierzu zunächst, dass das Oberg­ericht damit „nicht nur die Höhe, son­dern auch die Fäl­ligkeit der monatlichen Unter­halts­forderung per Monat­san­fang fest­gelegt“ habe. „Ab diesem Ver­fall­t­ag gerät der Beschw­erde­führer als Schuld­ner bei Nichtleis­tung ohne Weit­eres und ohne Mah­nung seit­ens der Beschw­erdegeg­ner­in in Verzug (Art. 102 Abs. 2 OR). Er hat daher für die Fol­gen der Ver­spä­tung aufzukom­men, wozu bei ein­er Geld­schuld die Verzugszin­sen gehören (Art. 103 und 104 OR).“ (E. 4.1).

Umstrit­ten war nun, ab wann der Beschw­erde­führer Verzugszin­sen schuldet, denn ein Schuld­ner, der mit der Zahlung von Zin­sen oder Renten oder ein­er geschenk­ten Summe im Verzug ist, hat bekan­ntlich erst vom Tag der Anhebung der Betrei­bung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen (Art. 105 Abs. 1 OR). Ob fam­i­lien­rechtliche Unter­halts­beiträge unter den Begriff der „Renten“ fall­en, war jedoch nicht rest­los gek­lärt (E. 4.4.).

Nach Darstel­lung der bish­eri­gen Recht­sprechung und der Lehre (E. 4.4.1.- 4.4.3.) entsch­ied das Bun­des­gericht, dass Unter­halts­beiträge unter Art. 105 Abs. 1 OR fall­en (E. 4.4.4.):

Auss­chlaggebend ist […] die Anknüp­fung an den Zweck der fam­i­lien­rechtlichen Unter­halts­beiträge (und der Invali­den­renten), welche nicht für eine gewinnbrin­gende Anlage, son­dern für den laufend­en Bedarf des Gläu­bigers bes­timmt sind […] Diesem Ver­ständ­nis ist der Vorzug zu geben, da es dem Wesen des Verzugszins­es bess­er gerecht wird: Verzugszin­sen sind Aus­gle­ich dafür, dass der Geldgläu­biger aus der geschulde­ten Summe keinen Nutzen ziehen kann […] Diese Schadens­fik­tion ist für Renten und namentlich fam­i­lien­rechtliche Unter­halts­beiträge nicht gerecht­fer­tigt, weshalb der Gläu­biger, wenn er trotz­dem Verzugszin­sen beanspruchen will, den erhöht­en Anforderun­gen von Art. 105 Abs. 1 OR genü­gen muss.“

Sodann ergänzte das Bun­des­gericht, dass mit dem Aus­druck “Tag der Anhebung der Betrei­bung” gemäss Art. 105 Abs. 1 OR nicht die Zustel­lung des Zahlungs­be­fehls gemeint sei, son­dern bere­its die Stel­lung (Postauf­gabe) des Betrei­bungs­begehrens. Wenn (wie im vor­liegen­den Fall) das entsprechende Datum nicht behauptet und nicht ohne weit­eres ersichtlich sei, könne die Recht­söff­nung betr­e­f­fend Verzugszins (hil­f­sweise) ab dem Datum der Ausstel­lung des Zahlungs­be­fehls erteilt wer­den (E. 4.4.5.).

Dem entsprechend wurde die Beschw­erde teil­weise gut­ge­heis­sen und der Entscheid der Vorin­stanz bezüglich Zin­sen­lauf aufge­hoben und der­selbe neu fest­ge­set­zt; für den vor diesem Datum ver­langten Verzugszins wurde die Recht­söff­nung verweigert.