Im Urteil 6B_1404/2020 vom 17. Januar 2022 befasste sich das Bundesgericht mit dem Anklagegrundsatz. Ausgangspunkt war ein zweitinstanzlicher Schuldspruch u.a. wegen versuchter schwerer Körperverletzung, obwohl lediglich eine qualifizierte einfache Körperverletzung angeklagt worden war. In ihrer Anschlussberufung hatte die Staatsanwaltschaft entgegen ihrer eigenen Anklage und ohne deren Änderung eine Verurteilung wegen versuchter schwerer Körperverletzung beantragt.
Straf- u. Strafprozessrecht
6B_1320/2020: Verzicht auf Teilnahme- und Konfrontationsrecht (amtl. Publ.)
Im Urteil 6B_1320/2020 vom 12. Januar 2022 wies das Bundesgericht die Beschwerde eines Beschuldigten ab, der eine Verletzung seiner Teilnahme- und Konfrontationsrechte im Strafverfahren geltend machte. Hintergrund war ein Schuldspruch u.a. wegen mehrfachen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren, nachdem der Beschuldigte bewaffnet zwei Tankstellenshops überfallen hatte.
1B_447/2021: Beschränkung des Verteidigerverkehrs bei Haft
Im Urteil 1B_447/2021 vom 25. Januar 2022 hiess das Bundesgericht die Beschwerde eines Häftlings gut, der die Beschränkung der Kommunikation mit seiner amtlichen Verteidigerin rügte.
1B_243/2021: Keine Siegelung nach rechtshilfeweisem Aktenbeizug
Im Urteil 1B_243/2021 vom 20. Dezember 2021 entschied das Bundesgericht über die Frage, ob es sich beim amts- oder rechtshilfeweisen Beizug von Akten aus einem anderen Verfahren um eine Zwangsmassnahme gegen die beschuldigte Person oder gegen mitbetroffene Dritte im Sinne von Art. 196 StPO handelt, und insofern nach solchen Aktenbeizügen ein Siegelungsbegehren möglich ist.
6B_781/2020: Amtsmissbrauch durch Polizisten
Im Urteil 6B_781/2020 vom 17. Januar 2022 bestätigte das Bundesgericht einen Schuldspruch wegen Amtsmissbrauchs gegen einen Polizeibeamten, nachdem dieser anlässlich einer nächtlichen Anhaltung den arrestierten und in Folge wehrlos in Bauchlage auf dem Boden liegenden Angehaltenen mit seinem rechten Fuss ins Gesicht getreten und dessen Kopf mit den Händen mehrfach gegen den Boden geschlagen hatte. Die Vorinstanz verurteilte den Polizisten nach diesem Vorfall zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu CHF 80.00.
6B_1010/2021: Rückweisung als nicht wiedergutzumachender Nachteil (amtl. Publ.)
Im Urteil 6B_1010/2021 vom 10. Januar 2022 präzisierte das Bundesgericht dessen Rechtsprechung zum Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils bei Rückweisung eines Entscheids als Kriterium zur Erhebung einer Beschwerde ans Bundesgericht.
6B_567/2020: Würdigung eines Gutachtens (amtl. Publ.)
Im Entscheid 6B_567/2020 vom 6. Dezember 2021 äusserte sich das Bundesgericht zur Würdigung eines (aussagepsychologischen) Gutachtens. Hintergrund war ein Strafverfahren wegen sexueller Handlungen mit einem Anstaltspflegling gegen den Betreuer einer Wohngruppe für Menschen mit Wahrnehmungsstörungen. Im Rahmen des Verfahrens war ein Gutachten zur Aussagefähigkeit der betreuten Person erstellt worden, die an einer körperlichen und geistigen Mehrfachbehinderung mit mittelgradiger Intelligenzminderung leidet.
6B_780/2021: Teilnahmerecht bei polizeilichen Einvernahmen (amtl. Publ.)
Im Urteil 6B_780/2021 vom 16. Dezember 2021 befasste sich das Bundesgericht mit den Teilnahmerechten des Beschuldigten bei Beweiserhebungen. Hintergrund war eine Beschwerde, wonach gewisse polizeilichen Einvernahmen entgegen des Antrags des Beschuldigten als verwertbar erklärt worden waren, obwohl dabei dessen Teilnahmerechte missachtet worden seien. Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die … weiterlesen
6B_1498/2020: Legitimation zur Anschlussberufung (amtl. Publ.)
Im Urteil 6B_1498/2020 vom 29. November 2021 entschied das Bundesgericht, dass eine Anschlussberufung, die einzig erhoben wird, um Druck auf den Beschuldigten auszuüben bzw. um einen Rückzug der Berufung zu erreichen, unzulässig ist und gegen Treu und Glauben verstösst. Hintergrund war ein Schuldspruch des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland wegen Vergewaltigung, einfacher Körperverletzung, Nötigung und Drohung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren, in dessen Folge die Staatsanwaltschaft auf Berufung des Beschuldigten hin Anschlussberufung erklärte.
6B_938/2020: Mehrfache Hinterziehung der Mehrwertsteuer (amtl. Publ.)
Im Urteil 6B_938/2020 vom 12. November 2021 thematisierte das Bundesgericht die Verjährung und die Strafzumessung bei mehrfacher Einfuhrsteuerhinterziehung. Hintergrund des Entscheids war die mangelnde bzw. falsche Anmeldung zahlreicher Kunstgegenstände eines Beschuldigten bei der Einfuhr in die Schweiz, weswegen die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) ihm eine Busse von Fr. 4 Mio. auferlegt hatte, gegen die der Beschuldigte Einsprache erhob.